Zum Tode von Mag. Bruno Bauer, Wien


Bruno Bauer am 16.Juni 2000 bei der Vorbereitung der AGMB-Jahrestagung in Wien

Gerade bekam ich eine Nachricht aus Wien. Mag. Bruno Bauer, der langjährige Leiter der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien (wie seine Bibliothek zuletzt hieß), ist vorgestern, am 1. Dezember 2020 völlig unerwartet von uns gegangen, wie es im Blog der Bibliothek heißt.

Allen Kolleg*innen aus Wien und allen, die ihn kannten, gilt mein herzlichstes Beileid. Ich bin zutiefst erschüttert und trauere mit Ihnen allen. 23 Jahre lang war er mein geschätzter Kollege aus Österreich, immer ansprechbar, immer freundlich, ja nonchalant und charmant – ein großes Vorbild in seiner ganzen Art und seinem herzlichen Charakter für mich, habe ich doch unendlich viel von ihm gelernt, wissenschaftlich und noch mehr, wie man mit Menschen umgeht. Ein großer Verlust! Sehr schmerzlich, eine gute Seele, ein großer Geist, möge er es nun besser haben, dort wo er nun ist. Bei all‘ seiner bescheidenen Hartnäckigkeit (er konnte ja so schön subtil bohrend sein!) wird er letztendlich wohl selbst Petrus davon überzeugen können, auch im Himmel eine Medizinbibliothek aufzubauen … und die Betreuung einer wöchentlichen Himmelspostille könnte ich mir auch gut vorstellen – selbstverständlich Open Access…

In Trauer bin ich heute in Gedanken bei Ihnen in Österreich und besonders in Wien – ein wahrhaft schöner Sohn des Landes ist von uns gegangen!

In Gedenken, Ihr Dr. Oliver Obst

Tagebuch der Bibliotheksschliessung nach Corona

Dies hier ist ein Tagebuch der Schließung der Zweigbibliothek Medizin Münster ab dem 19. März 2020 während der großen Coronavirus-Pandemie (Tage werden gezählt als nC = „nach Corona“).

Tag 103 nC
Am 103.Tag öffnet die Bibliothek wieder. Und ich bin nicht dabei! Kann ich es meinen Stellenleitern wirklich alleine überlassen? Wie gerne wäre ich dabei gewesen und hätte sie unterstützt! Aber in 11. Monaten bin ich sowieso weg und diesmal für immer, und dann kann ich auch nicht mehr Händchen halten, dann müssen und werden sie es alleine schaffen.
Das Tagebuch geht zu Ende, es hat seinen Zweck erfüllt.

Tag 102 nC
Noch ein letzter Tag Erholung bevor es wieder auf die Autobahn geht Richtung Münster.

Tag 101 nC
Wow! Alle Slots in der nächsten Woche sind ausgebucht bis auf 18 Plätze am Freitag Nachmittag.

Tag 100 nC
Kurzurlaub im Süden. Ich versuche die Bibliothek aus dem Sinn zu kriegen. Gar nicht so einfach in diesen Zeiten, wer hätte schon gedacht, dass ausgerechnet an diesem Wochenende die Zeit der Schließung zu Ende geht? Mails zischen wild hin und her, ich versuche nicht hinzuschauen. Es gibt Wichtigeres, und ich kann meinen beiden exzellenten Stellenleitern vertrauen.

Tag 99 nC – Donnerstag, 25.6.2020
Um 12 Uhr geht die Platzreservierung online und innerhalb von wenigen Stunden sind die besten Plätze (am Fenster, mit Stromanschluss) bereits ausgebucht. Wir müssen definitiv in der übernächsten Woche auf drei Slots gehen und eventuell die Dauer der Slots auf vier Stunden und/oder auf zwei buchbare Slots am Tag erhöhen.

Tag 98 nC
So, die Email an alle 3.000 Studierende ist raus! Zwei Zeitslots à 3 Stunden pro Tag können gebucht werden… Wir sind sowas von gespannt, wieviele sich melden werden!

Tag 97 nC
So, jetzt ist es amtlich: Die ZB Med wird am Montag – nach 103 Tagen – wieder ihre (Garten)Türe für Benutzer öffnen! Und nicht nur für Ausleihe oder Rückgabe, sondern für’s Lernen! Jetzt noch ein bißchen Ausschilderungs- und Bodenmarkerarbeiten, dann kann es losgehen … während draussen, keine 30km entfernt, in Warendorf der Kampf gegen den Corona-Ausbruch bei Tönnies tobt …

Tag 96 nC
Heute finden die Benutzer auf unserer Homepage den folgenden Beitrag: „Genau 103 Tage nach Schließung öffnet die Universitäts- und Landesbibliothek wieder ihre Lese- und Arbeitsplätze für Benutzer“ … und die Zweigbibliothek Medizin will natürlich mitmachen… Bin mal gespannt, wieviele dann Montag vor der Tür stehen. 🙂

Tag 95 nC
Moon Machine von Moondog in der Kunsthalle. Alle (na ja, fast alle) halten sich an die Coronaregeln und haben ihren Mundschutz die ganze Zeit auf, die übrigen werden freundlich daraufhin gewiesen. Die Musiker selber brauchen nicht, singen ja auch und haben dafür einen weißen Kreidekreis großzügig um sich und den irrwitzigen Musikwagen herumgezogen.

Tag 94 nC
Ausgedehnte Radtour durchs schöne Münsterland. In Stift Tilbeck gibt es im Turm doch tatsächlich noch ein Antiquariat! Ich dachte, mit Amazon und Momox seien die alle ausgestorben?

Tag 93 nC
So, das „Wiedereröffnungskonzept“ ist aktualisiert „according to the ULB“ und wurde dem Dekanat zugeschickt. Wir starten mit dem Wintergarten, aber 40 Plätzen, da mit einem Sitzplan alle nebeneinander sitzen können. Die Sitzung findet am 24.6. statt. Wenn die nicht zustimmen sollten, mache ich die Bibliothek trotzdem auf 🙂 (oder schicke denen alle Studis auf den Hals).
Leihstellendienst. Der Chef ist auch für eine Stunde eingeteilt. Plötzlich steht die ganze Mannschaft in und um die Leihtheke – flocking together. Mehrere Benutzer wollen iPads oder Bücher zurückgeben oder ausleihen und sitzen im Foyer herum, so dass es so ausschaut, als sei die Bibliothek wieder offen…
Heute wurde ein Kollege von mir beerdigt. Urnenbeisetzung. Vier Kollegen insgesamt gaben ihm das letzte Geleit, davon zwei seit einem Jahrzehnt und zwei das nächste Jahr im Ruhestand. Bescheiden, ich hatte mit einem größeren Aufgebot gerechnet und mir extra vorher die neuen Regeln durchgelesen, ob mehr als 50 dabei sein dürfen oder nicht. Alles umsonst, es waren nicht mehr als 20. Dabei war er wirklich beliebt, ich mochte ihn sehr mit seiner konservativen, ostpreußischen Art. Mit seiner lauten Stimme begrüßte er einen so überschwänglich in persona oder am Telefon, dass man sich immer sehr wertgeschätzt vorkam. Vielleicht eine Masche, aber eine sehr wirksame – ich habe sie mir jedenfalls von ihm abgeschaut. 🙂

Tag 92 nC – Donnerstag, 18.6.2020
Heute morgen habe ich – durch Zufall weil ich einen Kollegen in der Unibib anrief – vom Datum erfahren, wann dieses Tagebuch sein Ende finden wird: Am 29. Juni wird die ULB wieder öffnen und damit wir auch und damit ist die Schliessung der Bibliothek zu Ende. Ich bin zufrieden. Noch 11 Tage, das lässt mir viel Zeit – ich wollte ja erst nach dem 100. Eintrag Schluß machen und das passt jetzt ganz glücklich zusammen.
Das Dekanat hatte nun auch Gelegenheit ins Konzept zu gucken und versprach mir die Zusage der öffnung quasi in die Hand. Mit dem Rektoratsbeschluß sind sowieso alle Konzepte einer „Öffnung unter der Hand“ vom Tisch.

Tag 91 nC
Den ganzen Vormittag reiht sich Termin an Termin. Nachmittags habe ich Gleittag genommen, weil sich meine Ausbildungsgruppe trifft. Nein, keine bibliothekarische Ausbildung, dieses Kapitel ist abgeschlossen: Nächstes Jahr gehe ich in den Ruhestand (immer „wohlverdienter“ Ruhestand). Das Kapitel wird definitiv geschlossen und das ist gut so, das fühlt sich gut an. Obwohl ich bleibe beim Menschen helfen, bei der Beratung – diesmal allerdings keine Literaturberatung, sondern nur ‚Beratung‘. Erstaunlich, dass man zwei Jahre und mehrere tausend Euro braucht, nur um das ‚Literatur‘ zu entfernen. 😀

Tag 90 nC
So kann es gehen: Den englisch-sprachige Studierende, der mich am Freitag dringend aufforderte, doch nun endlich die Bibliothek wieder zu öffnen, hatte ich ja an das Dekanat verwiesen. Von dort kam nun die Email postwendend an mich zurück mit der Bitte um Beantwortung. Ich stumpf zurück: Das Konzept stände fest und läge beim Dekanat. Daraufhin wurde von dort nochmal das Konzept angefordert. 😉
Tag 89 nC
Am Abend darf ich eine Zoomsitzung der besonderen Art erleben: Zuerst Gaga-Tanzen für Clowns mit der wundervollen Smadar Goshen, dann Clown-to-chat mit der inspirierenden Dorit David. 🙂 Da bin ich ganz bei mir, das ist einfach mein Ding – großartig!

Tag 88 nC
Heute nachmittag eine längere Beratung, mein Gegenüber hat keine Angst vor Corona und so sitzen wir ganz entspannt ohne Mundschutz zusammen – allerdings habe ich den größten Raum genommen, den ich bekommen konnte, und ordentlich für Durchzug gesorgt. In diesen Tagen erkranken wir eher an Zugluft als an Corona. 😉 Wie immer – aber diesmal ganz besonders – habe ich das besondere Gefühl, mehr zu bekommen als zu geben…

Tag 87 nC
Es lohnt sich doch, die neuen Coronaschutzverordnungen genau zu studieren, oft ist die Absicht des Gesetzgebers zwischen den Zeilen versteckt. Zu Bibliotheken heißt es: „Hochschulbibliotheken […] haben den Zugang zu ihren Angeboten zu beschränken und nur unter strengen Schutzauflagen zu gestatten.“ In der Vergangenheit ist der Augenmerk oft auf das „Beschränken“ gelegt worden und herausgelesen worden, dass man Bibliotheken gefälligst geschlossen zu halten habe. Punkt. Jetzt – mit der allgemeinen Lockerungswelle – bemerkt man das „Gestatten“ und schwenkt es so langsam in die Öffnungsrichtung um. Dies wird diesmal noch verstärkt durch den neuen, nachgeschobenen Satz: „Für die Lese- und Arbeitsplätze kann das Erfordernis eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen Personen durch die Sicherstellung der besonderen Rückverfolgbarkeit nach § 2a Absatz 2 [d.h. Belegungsplan] ersetzt werden.“ Nimmt man hierzu noch die Lockerung der flächenmäßigen Zutrittsbegrenzung von 10m2 auf 7m2 pro Person, dann interpretiere ich das als ganz klaren Auftrag der Landesregierung an mich, die Zweigbibliothek Medizin wieder zu öffnen, aber dalli! Bei 7m2 wären wir damit wieder bei über 300 Nutzern pro Tag…

Tag 86 nC
Heute morgen entringt sich ein erleichtertes Stöhnen meiner Kehle, das sich mittags zu einem lauten „Hurra“ auswächst. Was war passiert? Das Konzept für Phase 3 ist von meiner Chefin (und damit vom Rektorat) genehmigt worden, nach einem Telefonat mit dem Studiendekan gehen weitere Türen auf, denn – wider Erwarten – ist er diesmal ganz ganz positiv gestimmt (fragt wie imemr schelmisch, was „sein“ Lesesaal macht). Die neue Coronaschutzverordnung (gültig ab dem 15.6.) macht einige Erleichterungen bei Präsenzunterreicht und Bibliotheksöffnung – noch nicht mal der Abstand von 1,50m bei den Leseplätzen ist nun erforderlich (wenn man einen Belegungsplan vorweisen kann)! Das das ganze sonstige Dekanat in Urlaub ist und die nächste Sitzung in den Sternen steht (was machen die eigentlich?), erbietet er sich, das Konzept mit dem Dekan abzustimmen. Ich habe keinen Zweifel, dass wir nächste Woche das OK bekommen!!

Tag 85 nC – Donnerstag, 11.6.2020
Seit vier Tagen hängt das Infektionsthermometer der Stadt bei 725 Infektionen fest: Gratulation, Münster!

Tag 84 nC
Hurra, das Konzept für Phase 3 ist fertig und versandt! Analog der Öffnung des Rechtswissenschaftlichen Seminars wollen wir auch spätestens zum Beginn der wichtigen Lernphase für Physikum und Hammerexamen am 22. Juni öffnen, zunächst mit 13 Nutzern pro Slot bei 2 Slots pro Tag – in der höchsten geplanten Ausbaustufe wären das bei 80 Nutzer und 3 Slots bis zu 240 Nutzer pro Tag.

Tag 83 nC

Tag 82 nC
Die Entscheidung ist gefallen: Ich möchte, dass die Bibliothek wieder öffnet. Ein Artikel in der FAZ am Wochenende hat mich zusätzlich motiviert. Ein Professor der TUM meinte, dass Hochschulen das größte Wissen darüber haben, wie man zur Präsenzlehre zurück kommen könnte. Nun gilt es, die Mitarbeiter und Entscheidungsträger mitzunehmen.

Tag 81 nC
Sonntag, das Übliche: Fahrradtour, Campingplatz für den Urlaub buchen, ein Referat der Tochter durchsehen, Haustiere versorgen.

Tag 80 nC
Heute kamen die Ergebnisse der Umfrage heraus: Auf einer Skala von 1 bis 5 (sehr zufrieden bis sehr unzufrieden) wurde der Plagiatcheck mit 1,71 am besten bewertet, gefolgt von der Literatursuche mit 1,79 und der Literaturbeschaffung mit 1,93. Schlechter als 2 schnitten Literatur zitieren und Literatur beschaffen ab. Während die Meisten angaben, das Thema Plagiatcheck sei ausreichend abdeckt worden, hätten 54% gerne mehr Informationen zur Literatursuche gehabt – etwa eben so viele wie bei den übrigen drei Themengebieten. Das wird natürlich bei dem nächsten Kurs berücksichtigt werden.

Tag 79 nC
Zweiter Tag der Dienstreise. Kontemplation über das Wesen der Zeit. „Was also ist die Zeit? Wenn niemand mich fragt, weiß ich es; wenn ich es jemandem erklären will, weiß ich es nicht.“ (Augustinus – Confessiones) Heute ist es 80 Tage her, seit die Bibliothek das letzte Mal offen war. Wie lange sind 80 Tage? In 80 Tage kann man einmal um die Welt reisen. Vom französischen Wort quarante (vierzig) stammt der Ausdruck Quarantäne, also sind 80 Tage 2x Quarantäne. Vierzig Tage ist im Alten Testament die Zeit des Regens der Sintflut, also haben wir sowohl 2x Quarantäne als auch 2x die Sintflut hinter uns. 🙂

Tag 78 nC – Donnerstag, 4.6.2020
Trotz heutiger Dienstreise stehen noch eine Video- und eine Telefonkonferenz an. Dienstbesprechung und Corona-Leiterrunde müssen sein…

Tag 77 nC
Umfrage gestartet (s.u.) und schon acht Antworten, alle sehr positiv! Drei bedanken sich in den Kommentaren ausdrücklich für den Kurs und die Unterstützung der Lehre in der Corona-Zeit. 😳
Die besagten Bierzeltgarnituren wurden heute früh angeliefert. Ich ließ es mir nicht nehmen, sie persönlich mit einem (anderen starken) Mitarbeiter aufzubauen.

Tag 76 nC
Erster Doktorandenkurs per Zoom. Bin ein kleines Bisschen aufgeregt, aber gut vorbereitet. Habe mir lange überlegt, wie ich die Gruppenarbeiten in Zoom umsetzen kann. Klar gibt es Breakout Sessions, aber keine Möglichkeit, dort den Bildschirm zu teilen. Eine Seite einer Doktorarbeit mit Zitaten zu versehen oder Plagiate zu entlarven, fällt also weg oder wird zumindest schwieriger. Schlussendlich fordere ich die 20 Teilnehmer auf, sich ein Screenshot zu machen, bevor ich sie in die Breakouträume schicke. Bei ersten Mal unterläuft mir auch ein Fehler, da Zoom meine Einstellung „3 Minuten“ nicht übernimmt und alle Teilnehmer sich wundern, warum sie nicht zurück gerufen werden, und ich mich wundere, wo sie so lange bleiben … Die Gruppenarbeit frage ich per Umfrage ab und diskutiere die Umfrageergebnisse anschließend, das klappt ganz gut. Am Schluss frage ich nach der Zufriedenheit und erhalte 44% sehr gut, 26% gut und 30% teils/teils. Keiner ist unzufrieden – das ist doch schon was, aber insgesamt nur etwas besser als eine 2,0. Das fuchst mich Perfektionist dann doch, so dass ich am nächsten Tag eine kleine SurveyMonkey-Umfrage unter den Teilnehmern starte. Ergebnisse morgen!
Dann ein Notruf aus dem Studiendekanat: Es wird dringend ein iPad mit Zoom gebraucht für den praktischen Teil des polIT-Kurses, damit wenigstens etwas am Krankenbett stattfinden kann. Ich, natürlich Feuer und Flamme, renne in die Chirurgie und übergebe das Teil – gegen einen Cappuccino – höchstpersönlich. 🙂 Denke, die Einweisung dauert höchstens 1 Minute. Von wegen, es gibt jede Menge stille Post, die linke Hand weiß nicht, welche Zoomsitzung die rechte Hand schon vorbereitet hat, hektische Telefonate mit der Medoc-Hotline und dem Ehemann, weil Uni-Passwörter fehlen, dann noch schnell die Präsentation per Airdrop aufs iPad gebeamt, Adobe Reader mit dem Bibliotheksaccount installiert, weil die Ärztin das Passwort ihrer AppleID vergessen hat – zwischendurch muss sie natürlich auch mal auf Station, um einen Fall zu regeln, der PJler ergreift die Gelegenheit sich auch vom Acker zu machen, so dass ich alleine im Arztzimmer zurück bleibe, mit dem Notfalltelefon und den ganzen Patientenakten. Ich erwarte jeden Moment in den OP gerufen zu werden, weil die dort jeden Mann brauchen und keine Rücksicht nehmen können, ob einer Bibliothekar ist oder nicht. 😀 Abends rufe ich nochmal bei der super engagierten Ärztin durch und erfahre, dass alles gut geklappt hat. So liebe ich das, genau das macht mir großen Spaß, ich hätte wohl auch Feuerwehrmann werden können…

Tag 75 nC
Erster Besuch der Tante im Pflegeheim seit Februar. Wir sitzen in einer Art Plastik-Minigartenhäuschen draussen vor der geschlossenen Glastür des Friseursalons, der zum Begegnungszentrum umfunktioniert wurde. Drinnen die Tante mit einem Video-Babyfon, wir draussen mit der Gegensprechanlage. Wenn wir sprechen, müssen wir eine Taste drücken, wenn die Tante spricht, müssen wir die Taste wieder loslassen. Walkie-Talkie. Gleichzeitig sprechen geht nicht, außerdem hat die Taste eine kleine Zeitverzögerung… Nach einigen Anfangsschwierigkeiten klappt es doch ganz gut, die Freude auf beiden Seiten entschädigt für alles. Trotzdem sind wir froh, als unser Slot nach 1/2 Stunde abgelaufen ist, denn die Sonne knallt unbarmherzig auf das Haus und drinnen herrschen Saunatemperaturen.

Tag 74 nC
Fahrradtour in Holland: Wir verpassen die Öffnung der Restaurants und Cafés um einen Tag, aber das ist nicht schlimm, denn auf dem Rückweg in Nordhorn ist alles geöffnet – Deutschland halt. Und wie gut fühlt sich das an! Auch die Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung berichtet, wie wichtig gerade das Öffnen der Gastronomie für das Empfinden von Normalität ist (noch wichtiger als die Aussagen von Virologen, dass keine zweite Welle rüberschwappt 😉 ).

Tag 73 nC
Die Juristen haben einen Plan für die vorsichtige Öffnung der Leseplätze, genannt „Konzept für die erweiterte Recherche“, damit erst gar keine falschen Hoffnungen aufkommen bzw. Neid bzw. Ängste vor Hotspots. Immer schön unter dem Radar bleiben… Bin hin und her gerissen, ob wir das auch so machen sollen.

Tag 72 nC
Heureka! Die Ausschreibung für die komplette Bestückung des Lesesaals 2 mit den so heiß begehrten Einzelarbeitskabinen ist raus. Wielange das gedauert hat, ist nicht in Wochen, auch nicht in Monaten zu bemessen – das waren jetzt gut 3 Jahre seit der ersten Planung. 🙄
Gerade 10 Bierzeltgarnituren bestellt. Die Ausleihe kostet nur noch ein Drittel, weil keine Grossveranstaltungen mehr stattfinden. 🙂

Tag 71 nC – Donnerstag, 28.5.2020
Die Sonne fühlt sich nicht mehr ganz so irrational an wie noch vor ein paar Wochen, als das schöne Wetter noch ganz unpassend zur schlechten Coronalage war. Mittlerweile kann ich es wieder mehr genießen, auch wenn es nicht so unbefangen ist wie vor der Krise („vor der Krise“, „nach der Krise“ – wird das Eingang in unseren Wortschatz finden?).

Tag 70 nC
Tetralemma-artige Paradox-Idee: Könnte man die Leseplätze der Bibliothek nicht öffnen ohne zu öffnen? So im Garten etwa? Ganz subversiv ein paar Bierzeltgarnituren hinstellen?

Tag 69 nC
Ein stimmiges Konzept für Phase 3 – die Öffnung der Leseplätze – entwickelt, der Arbeitsmedizinische Dienst ist ganz begeistert, die Mitarbeiter ziehen mit, die Chefin ist einverstanden – und was mache ich? Telefoniere mit dem Dekanat, damit das mir um den Hals fällt – und was machen die? Sagen Njet! Weil die Studierenden sich in der Bibliothek anstecken und dann ihre Großeltern infizieren könnten. Und sie würden dieses Risiko nicht auf sich nehmen, außer wenn eine Order de Mufti kommen würde… „Ich könne ja mal das Konzept einreichen…“ Nein, was bin ich enttäuscht! 🙁 Da machen Restaurants auf, Fitnessstudios, Theater, es gibt Veranstaltungen für bis zu 100 Personen – und was macht die Uni? Duckt sich weg, bzw. zeigt der Politik den Stinkefinger: Ihr seid uns zu schnell, wir wollen keine Lockerungen. Wenn es danach ginge, müsste ich die Bibliothek ganz schließen und alle Mitarbeiter nach Hause schicken oder zumindest diejenigen, die mit dem ÖPNV kommen. 😕

Tag 68 nC
Die erste Sitzung des Wissenschaftlichen Dienstes der Unibibliothek (a ka Fachreferentensitzung) seit gefühlt 6 Monaten! Und – wieder Erwarten – ist Corona diesmal kein Thema. Eine Sitzung über Stunden ohne Corona, das hatten wir dieses Jahr das letzte Mal im Februar! War das wohltuend oder was? Hmm, mir fehlte was: Alma, easydb, DEAL oder sind sicher wichtige Themen, nur fühlte es sich nicht normal an. Bis ich jetzt schon corona-gestört? Meine Wahrnehmung corona-verzerrt? Hat sicher was damit zu tun, dass wir als Undergraduate Library gerade ganz andere Probleme haben…

Tag 67 nC
Heute schreibt Bettina Weiguny in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung etwas über uns – nein, nicht über die ZB Med im speziellen, aber wir fühlen uns schon sehr angesprochen 😉 – sondern über die Krise als Chance. „Die Flos­kel hat sich in di­ver­sen Si­tua­tio­nen be­währt. […] Wenn der Chef der Air Fran­ce die fran­zö­si­sche Re­gie­rung um Staats­kne­te an­bet­telt, be­müht er die „Krise als Chan­ce“. Wenn Ja­pans Re­gie­rung Co­ro­na nutzt, die aka­de­mi­schen Ge­wohn­hei­ten zu ent­stau­ben, fei­ert sie die „Krise als Chan­ce“, eben­so die Deut­sche Eis­lauf Union oder der FC Bay­ern […] Das geht bis run­ter zur Stadt­bi­blio­thek in Klein­klet­zel­burg, die ihre Re­ga­le durch­wischt, um Platz für neue Bü­cher zu schaf­fen, wor­auf der Mann im Kul­tur­re­fe­rat die „Krise als Chan­ce“ wür­digt.“
Wie sieht es damit bei uns aus? Ist die Krise auch eine Chance für die Universität, für das Uniklinikum, für die Unibibliothek und – last but not least – für die kleine Zweigbibliothek Medizin? Ja!, sagt mutig mein Alter Ego Wir-sind-die-Besten und denkt schon mit stolzgeschwellter Brust an die bundesweit erste Öffnung von Leseplätzen – vulgo: Phase 3…

Tag 66 nC
Das erste Essen im Restaurant seit 66 Tagen! Obwohl der Kopf weiß, dass die Ansteckungsgefahr minimal ist, hatte ich doch ein mulmiges Gefühl, je mehr sich der Raum füllte (obwohl ‚füllt‘ es nicht ganz trifft bei 12 Personen auf 60m2). Das Abstandhalten ist schon so ins Blut übergegangen, das wird schwer sein es wieder loszuwerden. Doch mir ist nicht nur mulmig, ich bin auch neugierig, wie es hygienisch gehandelt wird und versuche es mir in der Bib vorzustellen.
In dem Brief des Rektors letzte Woche an die Studierenden stand: „Wir werden in den kommenden Wochen versuchen, den Literaturbestand weiter zugänglich zu machen. Schon jetzt wollen wir aber darauf hinweisen, dass nicht abzusehen ist, dass die Lesesäle wieder als dauerhafte „Lernräume“ zur Verfügung stehen. Dies ist unter den vorhandenen Auflagen bzgl. des Abstands etc. nicht umzusetzen.“ (Hervorhebung von mir) – Aber wenn Restaurants wieder öffnen können, wieso sollen dann nicht auch Bibliotheken wieder öffnen können? Sind Bibliotheken doofer als Restaurants? Die Anschauung im Restaurant zeigt mir ja gerade, dass die Massnahmen nicht so over the top sind, dass sie nicht auch in Bibliotheken durchgeführt werden könnten. Hygiene ist kein Hexenwerk, das nur der private Sektor beherrscht. Aber morgen früh wissen wir mehr, denn dann kommt der Arbeitsmedizinische und Sicherheitstechnische Dienst zu uns…

Der Rektorat schreibt weiter: „Auch wenn viele Studierenden die sozialen Kontakte im Studium vermissen, haben uns doch auch die Rückmeldungen aus der Studierendenschaft in unserer Entscheidung bestärkt: Viele, die derzeit nicht vor Ort sind und ihre Wohnungen in Münster teilweise sogar aufgegeben haben, müssten wieder regelmäßig anreisen.“ Ok, da mag man geteilter Meinung drüber sein; es wird auch jede Menge Studierender geben, die ihre Wohnung nicht aufgegeben haben und die keinen Bock haben ein Semester zu verlieren, weil die Praxisseminare nicht durchgeführt werden können – aber bei Bibliotheken liegt der Fall ja ganz anders: Zu uns muß keiner kommen, der Bibliotheksbesuch ist nicht verpflichtend, keiner verliert ein Semester, weil die Bibliothek geschlossen hat. Leseplätze in Bibliotheken sind eine schöne und hilfreiche Dienstleistung, aber nicht zwingend notwendig – genau wie ein Restaurantbesuch. Ok, aber Restaurants gehen pleite und Kellner und Köche werden arbeitslos, wenn sie geschlossen bleiben müssten. Aber unterliegen nicht auch Bibliotheken einer Gefahr? Ok, hier kann zunächst keiner arbeitslos werden, aber wie lange kann es sich die öffentliche Hand leisten, Dienstleistungen anzubieten, die nicht genutzt, vielleicht in der Krise als verzichtbar erlebt werden? Angesichts der finanziellen Anstrengung, die vor uns liegt, wird sicher bald jeder Stein umgedreht.

Tag 65 nC
Heute morgen hatte ich Dienst an der Leihstelle. Sobald ein Nutzer reinkam, der seine Bücher abholen wollte, flitzte ich zu den Abholregalen und holte die Bücherstapel für ihn heraus. Nebenher bearbeitete ich Bestelllisten, die von den studentischen Hilfskräften liegen gelassen worden waren (vermutlich weil die Signatur fehlte), fügte die Signatur hinzu und brachte die Bücher aus der Lehrbuchsammlung und dem Kellermagazin zur Leihstelle zum Verbuchen. Machte einen Heidenspass und woher soll ich denn sonst auch wissen, wie sich die neu entwickelten Corona-Geschäftsgänge in der Praxis auswirken?

Tag 64 nC – Donnerstag, 21.5.2020
Ich habe ja schon alles gehabt an Zoom-Meetings – Vorlesungen, Konferenzen, Webinare mit über 180 Teilnehmern, Zweiertreffen, Gruppentreffen, Geburtstagsfeiern, Yoga, Hochschulsport, aber gestern das war die Krönung: Eine Clownssitzung in Lightfulness, die von Moshe Cohen in Kalifornien gestreamt wurde!

Tag 63 nC
Das gestrige Zoom-Meeting „Tablet-Support easystudium für Erstsemester“ war ein grosser Erfolg (Merken: Nächstes Mal das Meeting umbenennn in: „Tipps und Tricks bei der Nutzung von E-Medien“ 😉 ). Wie sich bei einer Nachauswertung zeigte, haben sage und schreibe 124(!) Einzelnutzer teilgenommen, von denen Bei unseren früheren Versuchen, den iPad-Ausleihern Support angedeihen zu lassen, waren selten mehr als drei Nutzer gleichzeitig interessiert. Die Fragen kamen auch sehr schön und koordiniert herein, so dass sich dadurch ein schöner Überblick der einzelnen Angebote und ihrer eventuellen Tücken ergab.
Zwei Mitarbeiterinnen haben mich bei der Beantwortung unterstützt, das war auch notwendig, da man sich zum einen nicht gleichzeitig auf Chat und Audio konzentrieren kann, und zum zweiten man nicht über alle Details und Fehlerquellen der Programme Bescheid wissen kann.
Ich habe mir daraufhin auch nochmal die Daten unseres ersten Zoom-Meetings angeschaut, dass wir Mitte April für die Ersti-Einführung gehostet haben. An diesem Termin hatten 184 Studierende teilgenommen (ca. 85% des Erstsemesters), davon 70% zu 70% der Zeit, ein ganz hervorragender Wert. Dort wurden auch drei Fragen gestellt. Ergebnis: Der Appetit auf E-Books konnte zwar durch das Webinar geweckt werden, gedruckte Bücher sind aber trotzdem weiter stark nachgefragt.

  1. Frage: Sind Sie zur Zeit in Münster und näherer Umgebung? Resultat: Ein Drittel war in Münster, 2 Drittel weiter weg
  2. Frage: Würden Sie im Sommersemester in die Bibliothek kommen wollen, um Bücher auszuleihen? Resultat: 86% Ja, 14% Nein
  3. Frage: Nachdem Sie so viel über das Angebot von E-Medien gehört haben: Möchten Sie immer noch gedruckte Bücher ausleihen? Resultat: 40% ja, 60% nein, ich finde E-Books prima

Tag 62 nC
Videokonferenzen mit Verlagsvertretern hatte ich auch noch nicht. Elsevier führt sich direkt als Weihnachtsmann ein, weil sie für eine begrenzte Zeit einen Teil ihrer Zeitschriften kostenfrei zur Verfügung gestellt haben. Das Weihnachtsmann-Thema zieht sich dann noch durch, denn im Weiteren wird die Medizin auch als Weihnachtsmann bezeichnet, da sie die meisten Elsevier-Bücher und -Zeitschriften in der Uni lizenziert. Und Elsevier schüttet weiter das Füllhorn aus: Die freie Zugänglichkeit der Lehrbücher wird für zwei Monate verlängert und selbst für DEAL(!) steht wohl die Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding unmittelbar bevor, so dass es Ende 2020 zu einem Vertrag kommen könnte (Daumen drücken oder nicht, bei DEAL zahlen ja die grossen Unis drauf). Man kann nur spekulieren, was wohl den größten Fachverlag der Welt zu dieser massiven Charmeoffensive bewegt hat.

Tag 61 nC
Erster Test des morgigen Zoom-Meetings „Tablet-Support easystudium für Erstsemester“. Wollen wir wieder um Umfragearbeiten. Positiv: Habe gerade das berichtswesen in Zoom entdeckt. Dort können alle Umfrageresultate als csv-File heruntergeladen werden. Negativ: Die Umfragen sind etwas ‚quirky‘ integriert, lassen sich nicht kopieren, nachträglich bearbeiten oder verschieben.

Tag 60 nC
Mal seit langem einen Tag ohne Gedanken an Phase 3, 4 oder 6 🙂

Tag 59 nC
Habe endlich Zeit, mir die alten Podcasts von Drosten anzuhören (in 1,5-facher Geschwindigkeit und mit Vorspulen 😉 ). Ist schon witzig, sich die Themen und Statements von Anfang März in reverse chronologischer Reihenfolge zu gegenwärtigen – es ist wie ein Bericht aus einer längs vergangenen Zeit… In Podcast Nr.6 beklagt er die eminente Fehlentwicklung in der akademischen Leistungsbewertung in der Coronavirus-Krise. Durch die globale Krise liessen sich Editoren von Wissenschaftsjournalen nur allzu gerne von sensationellen Pseudo-Befunden kompromittieren, und hebten schlechte Forschung über die Hürde des Peer-Reviews.

Tag 58 nC
Rückmeldung von der Leihstelle: Die längste Schlange seit Öffnung der Ausleihe waren 4 Leute. Vier! Und was haben wir uns für Gedanken gemacht, ob sich die Wartenden am Besten links oder rechts auf dem Bürgersteig aufreihen, ob wir die Fahrräder dort vorher entfernen sollten und ob wir einen Sicherheitsdienst bräuchten… Aber nein: Meistens kommen sie einzeln und es ist längst Business as usual, Routine.
Wieder ein wunderschöner Tag und so langsam – mit Öffnung der Geschäfte und Cafés – schwindet die Krise aus den Köpfen, und ich halte den Atem an, ob die von mir täglich aufgezeichneten Fallzahlen wieder deutlich ansteigen. Vorgestern der Schock: Nach tagelangen Zuwächsen von 1 oder 2 Neuinfektionen plötzlich ein Sprung von knapp 20 neuen Fällen! Ich schon die Panik: Das ist die Lockerung schuld! Und was war: Am nächsten Tag steht in der Zeitung, dass es sich um einen einzigen Hotspot in Münsters Süden handelte: Eine beratungs- und abstandsreistente Großfamilie aus einem sozialen Brennpunkt.

Tag 57 nC – Donnerstag, 14.5.2020
Und wieder ein Zoom-Meeting und wieder eine inspirierende Diskussion im Team und viel neue, gute Gedanken zur Phase 3 – der Öffnung der Leseplätze. Wir sind alle frohgemut, dass das Sinn macht (viele Studierden fragen schon nach) und die Regeln einzuhalten wären. 🙂
Der Dienstplan für nächste Woche muss erstellt werden, und schon ist Christi Himmelfahrt, wie schnell die Zeit vergeht.
Nachtrag: Oha, die Diskussion war zu inspirierend. Meine Mitarbeiterin ist direkt zur IT gelaufen. Direkt zur IT! Ohne den Dezernenten zu fragen! Bekam ich einen längeren Anschiss per Email… So funktioniert das nicht bei uns, da könnte doch jeder kommen und Ideen haben und einfach denken, da frage ich mal auf dem kurzen Dienstweg nach, ob das überhaupt machbar ist. 🙁

Tag 56 nC
Die IT will unsere Domäne umstellen. Gleichzeitig soll keiner mehr Admin-Rechte haben, auch lokal auf dem Rechner nicht. Nur noch virtuelle Maschinen. Thin Clients = Dumme Terminals. Kann ich ja beides verstehen, aber mir verunmöglicht es die Arbeit. 1 Jahr vor dem Ruhestand meine gewohnte Arbeitsumgebung komplett zu verlieren (und ich meine „zu verlieren“), ist ein Drama für mich. Ich habe immer einen eigenen PC gehabt, bei dem ich auch das ein oder andere Progrämmelchen austesten konnte – absolut notwendig, um auf dem neuesten stand zu bleiben und die Benutzer anleiten zu können. Seit 25 Jahren benutze ich Pegasus Mail. Da ist jetzt meine gesamte Korrespondenz mit den Mitarbeitern, der Fakultät und den Verlagen drin – 70.000 Emails. Soll ich das etwa aufgeben? Oder schlimmer noch: portieren? In Outlook?? Das kann einem die ganze Corona-Stimmung versauen. ;-(

Tag 55 nC
Neuigkeiten von der Telefonkonferenz „Leitungsstab Corona“: Die ULB macht wieder auf, allerdings nur den Westfalica-Lesesaal und nur für 9 Benutzer gleichzeitig. Ansonsten wären die umfangreichen Präsenzbestände gar nicht benutzbar gewesen. Dieses Problem gibt es ja gottseidank bei uns nicht.

Tag 54 nC
Phase 3. Wo kann ich am kreativsten sein? Am Frühstückstisch. Ein Blatt, ein Stift, und zack, zack, zack wird der Grundriß der Bibliothek skizziert. Für die Öffnung der Lesesäle in Corona-Zeiten braucht man räumliches Vorstellungsvermögen, denn es geht um Abstandsregeln (1,50m), Laufwege und Luftaustausch. Also wird erst das Erdgeschoß, dann das Obergeschoß zu Papier gebracht. Das Kellergeschoß, das ist schon klar, kann nicht geöffnet werden (nach einem Telefonat mit meiner Stellenleiterin auch das Obergeschoß erstmal nicht). Also bleibt ’nur‘ das Erdgeschoß. Mit 1000m2 und 10m2 pro Person ist auch schon klar, in welche Größenordnung sich die maximale Nutzerzahl bewegen wird. Dann ein zweites Telefonat, mit meinem Stellenleiter, und schon sind die wichtigsten Bedingungen abgeklärt, die Eckdaten stehen: 100 Benutzer maximal; Monographien nicht zugänglich; Lehrbuchsammlung doch (dann kann man nämlich wieder über der Katalog gehen); Toiletten geschlossen bis auf eine; Mundschutzpflicht, sobald man steht und rumläuft; keine Gruppenarbeitsräume, aber Automatencafé ohne Sitzgelegenheiten.

Tag 53 nC
Sonntag – Familientag

Tag 52 nC
Heute habe ich meine Tochter und Enkelkinder abgeholt. Letzte Gelegenheit sich zu sehen, bevor sich die Kleinen wieder in der Kita oder Schule anstecken können. Sie waren jetzt 6 Wochen quasi in Quarantäne (Bayern halt) und sind damit safe. Safer als die Großeltern, die sich
mit anderen Leuten treffen, sei es beim Spaziergang oder auf der Arbeit oder – noch schlimmer – im Krankenhaus.


Die zehn iPads wurden von der Sportpaten-Gründerin, Frau Dr. Marie-Christine Ghanbari, und Clara Hennecke persönlich in Empfang genommen.

Tag 51 nC
Wie wird s nach Corona aussehen? Mit Sicherheit werden dann mehr Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten wollen. Für die Medienbearbeitung ist das auch kein Problem, für die Leihstelle sehe ich aber schwarz. Dazu kommt ja auch die gefühlte Ungleichbehandlung. Wieso darf der ins Homeoffice, ich aber nicht?
Endlich den Bericht über unsere Spendenaktion für die Sportpaten Münster ins Netz gestellt (Anfang April wurde die Bibliothek ja angefragt, ob ausrangierte iPads aus dem easystudium-Service bedürftigen Familien (z.B. in Flüchtlingsunterkünften) zur Verfügung gestellt werden könnten. In der Folge lernten wir ein besonderes Münsteraner Projekt kennen, die sogenannten Sportpaten.
Jetzt sind alle ipads ausgeliehen, für die übernächste Woche haben wir ein Zoom-Meeting anberaumt zu „Tipps, Tricks und Techniken für eine effektivere iPad-Nutzung“. Diesmal werden wir es zu dritt machen, damit wir allen Fragen gerecht werden.

Tag 50 nC – Donnerstag, 7.5.2020
Der virtuelle Hochschulsport fängt an Spass zu machen. Schon die zweite Sitzung ohne Gleitwirbelaktivitäten. 🙂
Die Dienstbesprechung war wieder sehr lebhaft, Mitarbeiter engagiert bis unter die Haarspitzen. 🙂 Gemeinsam wurde eine Lockerung der Bestellregeln auf den Weg gebracht, statt 7 Bücher alle 2 Wochen können nun 7 Bücher jede Woche bestellt werden. Die Wartezeit wurde auf 2 Tage verkürzt – meist stehen die Bücher schon nach wenigen Stunden zur Verfügung. An der Vorab-Verbuchung wird aber festgehalten . bisher gab es hier noch keine Irrläufer, Verbuchungs-Probleme tauchen aber vielleicht erst später auf…

Tag 49 nC
Erfolgserlebnis: Habe erstmals am Hochschulsport teilgenommen, ohne mir etwas zu verrenken oder zu zerren. Das macht Hoffnung. Ein wichtiges Gut in der Corona-Zeit…
Für heute Nachmittag ist die erste Dienstbesprechung in Phase 2 angesetzt. Früher hätten wir uns alle im Frühstücksraum oder – mit etwas mehr Platz – im Sitzungszimmer – getroffen, doch nun machen wir auf Wunsch unserer IT ein Zoom-Meeting. Warum? Erstens können alle daran teilnehmen, weil es nach Bibliotheksschluß um 16 Uhr terminiert wurde. Und zweitens ist es sicherer. Werden wir das auch in Zukunft beibehalten? Ein Vorteil hätte das: Früher war es immer schwierig einen Termin zu finden, an dem jeder konnte, auch die Halbtagskräfte. Jetzt kann man sich einfach von Zuhause aus zuschalten.

Tag 48 nC
Gerade kam die 200. Bestellung über unser Buchausleihformular herein. Nicht wenig, aber auch nicht so viel, wie wir erwartet bzw. befürchtet hatten. Es läßt sich ganz gut wegarbeiten neben der Leihthekenarbeit, die deutlich weniger geworden ist, vor allem, wenn alle mit anpacken und auch die studentischen Hilfskräfte. Die sind ein wahrer Segen und schaffen im Abenddienst eine Menge weg.

Tag 47 nC
Bibliotheksöffnung! Wiedereröffnung. Nach 47 Tagen öffnet die Zweigbibliothek Medizin wieder „ihren Betrieb“. Naja, jedenfalls das, was davon übrig geblieben ist bzw. was unter den derzeitigen Hygienevorschriften machbar ist: Bücher werden kontaktlos bestellt, im Hintergrund von den Mitarbeiter (unter Wahrung der Abstandsregel) herausgesucht und verbucht, und den Nutzern kontaktlos übergeben.
Trotzdem werden ich (natürlich) mein Tagebuch weiterführen, was denn auch sonst. 😉
Die Mitarbeiter haben sich sehr gut auf den heutige Rausholaktion vorbereitet. Alle standen Gewehr bei Fuß – egal ob aus Lengerich, Hamm oder Billerbeck, egal ob mit dem ÖPNV, dem eigenen Auto oder dem eigenem Chaffeur. Ich habe es mir nicht nehmen, bei der Rausholaktion mitzuhelfen. Es hat wirklich Spaß gemacht, durch die Gänge der Lehrbuchsammlung zu wuseln und die einzelnen Bestellungen zu erledigen. Man lernt nie aus, es macht sich bezahlt, ab und zu mal durch die eigene Bibliothek nicht nur zu gehen, sondern was Praktisches zu tun wie zB Bücher rauszusuchen – mein Plädoyer für den hezutigen Tag: Jeder Fachreferent sollte das wenigstens einmal im Monat machen. Die Kärner-Jobs. Auch mal an der Auskunft sitzen. Wie viel habe ich dort schon gesehen und gelernt, und wie schade finde ich es, dass die Fachreferenten in der ULB das nicht mehr machen müssen.
In der Diskussion über Phase 3 – Öffnung des Bestands und der Arbeitsplätze – zeigen sich zwei Fronten: Während die einen argumentieren, dass es egal ist, ob Bibliothekare oder Studierende zwischen den Buchregalen rumwuseln, meinen die anderen, dass sich Corona freut, wenn es wieder eine Durchmischung gibt. Die außerdem unnötig sei, weil man ja zuhause lernen könnte. Wer mag aber schon den ganzen Tag mit Mundschutz in der Bib sitzen? Kaum vorstellbar finde ich, mein Stellenleiter sagt: „Da kommen bestimmt welche!“

Tag 46 nC
Hier war mal nichts. Oder hatte ich über Phase 3 nachgedacht? 😉

Tag 45 nC
Muss mal langsam über Phase 3 nachdenken, die Öffnung der Lesesäle und Arbeitsplätze. Im Studienbeirat der Fakultät wurde das – neben der Ausleihe – bereits gewünscht. Abstandsregel wäre relativ leicht hinzukriegen, man entfernt einfach jeden zweiten Stuhl oder blockiert jeden zweiten Arbeitsplatz. Unsere Einzelarbeitskabinen wären auch ideal für Corona-Lernen geeignet. Was aber mit den Toiletten? Vertrauen wir darauf, dass da immer nur einer oder zwei gleichzeitig drauf gehen? Kontrollieren können wir das nicht. Und der Buchbestand? Weiterin gesperrt weil zu eng, weil man nicht aneinander vorbei kommt? Gruppenarbeitsplätze sind zu, die kann man eindeutig nicht öffnen, außer man nutzt diese als Einzelarbeitsplätze (wie die 4er Dauphin-Plätze im 1.OG). Die Automaten im Bistro könnten/sollten benutzt werden. Wie lernt es sich eigentlich mit Mundschutz? Macht das jemand (Freude)? Schön ist, dass sich die ULB die gleichen Fragen stellen muss und meist eine gute Antwort darauf findet, die wir dann übernehmen können (oder auch mal nicht, siehe Bestellwesen).

Tag 44 nC
So, der freitägliche Newsletter ist verschickt, mit der wichtigen Meldung, dass man ab Montag wieder ausleihen kann. Nach der Freischaltung gestern um 15 Uhr sind – ohne weitere Werbung – bereits acht Bestellungen eingegangen. Ich nehme an, dass es nach meiner Email an die Semesterverteiler gleich deutlich mehr werden. Ich werde aber jetzt nicht den ganzen Tag vor dem Postfach sitzen und die Eingänge zählen. 😉 (Doch, werde ich! Es sind schon 39!)

Tag 43 nC – Donnerstag, 30.4.2020
So, alles ist online – das Formular zur Buchausleihe und die Meldung auf der Homepage. Puh, das war ein hartes Stück Arbeit! Auf der Zielgerade haben alle Mitarbeiter und der PHP-Guru nochmal richtig Gas gegeben. Tagelang zog es sich hin, ich war schon der Verzweifelung nahe, doch wenns drauf ankommt, wissen alle, was zu tun ist, packen tatkräftig an und plötzlich läuft die Sache…


iPad-Ausgabe diesmal individuell, kontaktlos und im Innenhof 🙂

Tag 42 nC
Heute musste ich eine harte Lektion lernen: Nicht alles, was in diesem Tagen „zoomt“, ist der Gesundheit zuträglich. Beim virtuellen Hochschulsport der Uni Münster hole ich mir direkt bei der ersten Übung einen kleinen Hexenschuss. 🙁 Der Physiotherapeut klärt mich freudestrahlend auf: Ich habe einen Gleitwirbel in L4. Na, herzlichen Glückwunsch! Nicht richtig aufgewärmt/vorgedehnt…
Was mich noch umtreibt: So langsam sollen die Schulen wieder öffnen. Nein, nicht langsam, sondern schnell! Warum in aller Welt, da sei doch Corona vor? Ganz einfach: Die Nachbarskinder zehren an meinem Nervenkostüm. Den ganzen langen Tag schreien und kreischen sie ungezähmt durch den Garten, unstoppable, so durchdringend und schrill, da helfen auch keine geschlossenen Türen… Mein Stoßgebet ist heute: Bitte, bitte, mach, dass wieder Schule ist!
Dagegen hatte ich Punkt 15:12 Uhr ein Highlight: Das Formular für die Buchbestellungen ist fertig! Macht wie immer Spaß, es zu testen, genau zu gucken, was passiert (und was nicht…).
Heute ist auch die iPad-Ausgabe an die Erstsemester gestartet. Ich weiß nicht, wieviele Emails im Vorfeld für die Terminabsprachen geschrieben worden sind, aber es müssen hunderte für die knapp 77 Ausleiher gewsen sein. Unser easystudium-Service trifft den Nabel der Zeit: iPads bringen die Bibliothek den Studierenden ins Homeoffice, ermöglichen ihnen #stayathome und trotzdem alle fürs Studium benötigte Literatur verfügbar zu haben. Macht einige Probleme beim Dienstplan, da 1) die Ausgabe bis Ende nächster Woche läuft und damit gleichzeitig zur Wiedereröffnung stattfindet und 2) drei Personen dadurch gebunden sind. Wir steuern gegen, kürzen die Öffnungszeiten und verschlanken die Ausleihe, so dass wir weniger Personal für die Ausleihe brauchen. Wie immer sind die Mitarbeiter super engagiert, haben gute Ideen, ziehen an einem Strang – so macht es Spass, so kann es weitergehen!

Tag 41 nC
Die Chefin mahnt Pläne Überlegungen zur Öffnung der Lesesäle an, da es im Kapitel 4 der Durchführung von Lehr-und Praxisveranstaltungen sowie Prüfungen an den Hochschulen im Land Nordrhein-Westfalen angedacht sei und man nie weiß, wie schnell das Rektorat sowas haben möchte. Wie so oft in diesen Zeiten gilt auch hier der Grundsatz: Sicher ist sicher.
In der Medizinbibliothek ist es natürlich nicht so dringend wie in den Geisteswissenschaften, da bei uns ja nur gelernt wird (was man auch zuhause machen kann), in den dezentralen und zentralen Lesesälen aber wichtige Literatur steht, an die man nicht anderweitig herankommt.
Die Mitarbeiter scharren schon mit den Hufen und freuen sich, dass es nächste Woche wieder mit vereinten Kräften los geht – 6 Wochen Homeoffice haben ihre Spuren hinterlassen!

Tag 40 nC
Gerade eine Einladung von Ebsco zu einem Webinar bekommen: „Nehmen Sie an der globalen Webinarreihe teil: Die Zukunft der Bibliotheken ist off…“ den Rest verschluckte Outlook, so dass ich spontan ergänzte: „Die Zukunft der Bibliotheken ist offline.“ – angesichts der bevorstehenden Wiedereröffnung der Print-Ausleihe ein naheliegender Gedanke. 😉
Auf einer Zoom-Sitzung mit dem vierköpfigen Wiedereröffnungsteam konnten meine meisten Befürchtungen vom Wochenende beseitigt werden: Wir wollen unsere Öffnungszeiten nicht zwangsläufig an der der Unibib anpassen, sondern schauen, was mit unserem Personalstand möglich ist; die Benutzer werden in zwei Schlangen kreuzungsfrei durch die Bibliothek zu unseren beiden Verbuchungsplätzen geleitet; Buchbestellungen werden über ein Webformular entgegen genommen, was die Benutzernummer überprüft, Mehrfachbestellungen verhindert und standardisierte Daten liefert; die studentischen Hilfskräfte werden ab nächster Woche wieder in die Bibliothek bestellt und suchen im Abenddienst die bestellten Bücher zusammen; diese werden dann vorab ausleihverbucht (Häresie!) in Körben alphabetisch nach Benutzernmen gestapelt und rechtzeitig, bevor der Nutzer an der Leihtheke steht, aus dem Depot geholt.

Tag 39 nC
Den genialen YouTube-Channel maiLab entdeckt. Die Wissenschaftsjournalistin und Chemikerin Mai-Thi Nguyen Kim beschäftigt sich dort mit allen möglichen wissenschaftlichen Themen, stellt kluge Fragen zu Corona und rankt Virologen (Spoiler: Drosten gewinnt!).

Tag 38 nC
Ab dem 27.4. gilt nun auch – wenn wundert’s – eine Maskenpflicht für alle Gebäude der WWU, „wenn ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Personen nicht eingehalten werden kann. Im Regelfall werden Sie keine Maske tragen müssen, sollten aber immer eine griffbereit haben.“ Das ist gut, denn ich kann so ein Ding nicht fortwährend tragen, das beeinträchtigt mich schon.

Tag 37 nC
So, jetzt ist es raus: Die Bibliothek öffnet wieder (die Ausleihe) am Montag, den 4. Mai! Zwar noch nicht die Lesesäle, doch das ist in der Landesregierung (angeblich) auch schon angedacht. Jetzt wird die Zeit knapp! Hektisch werden die Netze ausgeworfen, alle abtelefoniert, die helfen können oder von denen man noch eine Info braucht: Insbesondere die Ausleihe per Emailbestellung (und nicht per Katalogbestellung wie in der ULB) ist – bei genauerer Ansicht – doch mit zu viel Nacharbeiten und Titel-Prüfungen verbunden. Wir treffen eine Entscheidung: Die Nutzer sollen über ein Formular bestellen. In Anbetracht der kurzen Zeit durchforste ich alle unsere alten Formulare und lande schliesslich beim Buchwunsch. Das sollte sich doch relativ einfach auf unsere Bedürfnisse anpassen lassen. Auch der Chefprogrammierer der Digitalen Dienste, der uns schon so manches Mal aus der php-Patsche geholfen hat, kann im Homeoffice erreicht werden und übernimmt den Programmierauftrag zeitnah. Puh, sonst hätte ich es selbst machen müssen – wäre auch gegangen, aber sieht bei mir halt nicht so schön aus, da ich mit CSS auf dem Kriegsfuss stehe. 😉

Tag 36 nC – Donnerstag, 23.4.2020
So, es gibt ein Datum: Die Unibib soll am 4. Mai wieder aufmachen. Wir schliessen uns an. Auch wenn die Zeit nun knapp wird. Dafür haben jetzt der Arbeitsmedizinische Dienst des UKM und die Stabsstelle Arbeitsschutz der Uni gleiche Hygieneregeln für zurückgegebene Bücher verlautbart: Keine Buchquarantäne notwendig, Behandlung nach Richtlinien reicht vollkommen aus (Mundschutz, keine Hand an Schleimhäute, Hände waschen). Noch keine 100%-Evidenz (ev. nächste Woche in der Heinsberg-Studie von Streek), aber Infektion durch Oberflächen oder Bücher sehr selten (weniger als 1%).

Tag 35 nC
Wieder etwas gelernt. Die Lernkurve in der Coronakrise ist teilweise wirklich spektakulär! Spiegel Plus (nur mit Abo) interviewt Gabriel Leung, den Chefvirologen von Hongkong, und da werden mir schlagartig einige Sachen klar, wie zB der Unterschied zwischen der Asiatischen bzw. der Hongkong-Grippe 2+ Mio. Toten und Covid-19: Es ist schlicht und einfach das Akzeptanzniveau der Gesellschaft. Vor 50 bzw. 60 Jahren waren die Toten kein Thema, weder in den Medien noch im privaten Bereich, da man nach dem 2.Weltkrieg ganz andere Sachen gewohnt war. Das damalige Niveau an Mortalität (das vielleicht vergleichbar ist mit Covid-19) war für die Menschen offenbar akzeptabel. Heute aber nicht mehr, den „wenn eine Gesellschaft jedoch den Zusammenbruch ihrer Intensivmedizin erlebt wie derzeit in New York City, dann ist eine rote Linie überschritten“.
Alle Bundesländer haben nun eine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit eingeführt.
Der – noch zu entwickelnde – Geschäftsgang zur Ausleihe/Rückgabe wird über Mattermost diskutiert (jedem Teilaspekt wird dabei einem Thread zugeordnet) und Fortschritte in einer Datei festgehalten. Wenn uns nur die Organisation der iPad-Ausleihe da keinen Strich durch die Rechnung macht, die momentan alle Kräfte fordert.
Jetzt bitte alle mal hinsetzen und festhalten, denn es kommt ein Hoch auf den Elsevier-Verlag! Ohne mit der Wimper zu zucken, haben die doch glatt mal eben schnell die German Book Collection für die Uni freigeschaltet. Es sind zwar nur 32 Bücher, aber für einen Kurs in Tumormedizin brauchte ich ganz dringend onkologische Fallbeschreibungen (und die 256 englisch-sprachigen Lehrbücher, die Elsevier vermutlich weltweit freigegeben hatte, interessieren hier niemanden). Und: Genau wie bei Springer, mein Goldstandard für „DD“ (DRM und Download), kann man nun auch bei Sciencedirect die DRM-freien Bücher mit einem Klick herunterladen. Voila! DD-compliant. Auf dieser Plattform will ich jetzt alle Lehrbücher haben!

Tag 34 nC
Heute oder morgen wird entschieden, wann Phase 2 eingeläutet wird, wann es also wieder möglich sein wird, Bücher auszuleihen. Davon unabhängig werden wir die ersten iPads bereits wieder nächste Woche ausleihen. Sie sind in dieser Situation wichtiger denn je, was uns auch die immens gestiegene Aufmerksamkeit zeigt: Diesmal haben sich doppelt so viele Erstsemester angemeldet wie sonst. Wir hoffen, dass die Zahl der verfügbaren iPads ausreicht.
Heute morgen bei der Videoschalte waren alle zehn Mitarbeiter anwesend und zum ersten Male funktionierte bei allen das Mikro – der Aufwand hat sich bezahlt gemacht, bisher wurde keiner aus der steilen Lernkurve herausgeschleudert…
Was war noch Besonderes? Heute längeres Telefonat mit dem Leiter der Notfallambulanz, einer der größten in NRW. „Hier K…ers, kennen Sie mich?“ – Ich kenne ihn gut, habe mit ihm gut zusammengearbeitet bei der Lizenzierung von medStandards, sind sogar zusammen abgelichtet worden. Außerdem ist er seit Corona einer der bekanntesten Mediziner in Münster, wird in der Presse interviewt, gibt heißbegehrte Telefonstunden. Ich war also etwas perplex. Was mich aber am meisten gewundert hat, war seine fast überirdische Ruhe. Keine Spur von Streß oder Hektik in der Stimme … und das in der Notaufnahme … während Corona. Münster ist wirklich eine Insel der Seeligen.

Tag 33 nC
Die neue Coronaschutzverordnung vom 20.4. enthält auch wieder einen Passus zu Bibliotheken: „Bibliotheken einschließlich Bibliotheken an Hochschulen sowie Archive haben den Zugang zu ihren Angeboten zu beschränken und nur unter strengen Schutzauflagen (insbesondere Besucherregistrierung mit Kontaktdaten, Reglementierung der Besucherzahl, Vorgaben für Mindestabstände zwischen Lese- und Arbeitsplätzen von 2 Metern, Hygienemaßnahmen, Aushänge mit Hinweisen zu richtigen Hygienemaßnahmen) zu gestatten.“
Münster hat heute – für mich überraschend – eine Maskenpflicht für den öffentlichen Raum ausgerufen (in Bussen und Bahnen, Geschäften und Dienstgebäuden mit Publikumsverkehr). Das wird der Unibibliothek helfen, die Benutzer zur Ausleihe wieder in die Bib zu lassen. Gleich zwei Gründe habe ich, mich darüber zu freuen: Zum einen ist es die richtige Schutzmassnahme zum richtigen Zeitpunkt. Wie ich unten schon ausgeführt habe, brauchen wir diesen zusätzlichen Schutz jetzt, wo es wieder zu vermehrten Kontakten durch die Lockerung des Lockdowns kommt, selbst wenn es nur 10 oder 20% ausmacht. Oder wie der Dezernent der Stadt Münster so unnachahmlich hervorhob: „Abstand ist besser als Mundschutz und Mundschutz ist besser als nichts.“ Und ich sage: Abstand plus Mundschutz ist besser als nur Abstand. Der Rektor sagt hingegen: Abstand ohne Mundschutz ist besser als Abstand mit Mundschutz. °_° Und damit sind wir auch schon beim zweiten Grund: Der Erlass ist eine schallende Ohrfeige für den Rektor, der nun gucken muss, wie er sich daraus windet: Maskenpflicht in der Stadt Münster und Gegen-Masken-Empfehlung in der Uni Münster vertragen sich nicht.
Der Schutz durch Abstand und Spuckschutz wird dadurch noch einmal erhöht. Bei uns in der Medizin bestand sowieso schon Maskenpflicht, da die ZB Med auf dem Gelände des UKM steht.

Tag 32 nC
Erst heute komme ich dazu, den letzten Podcast mit Christian Drosten zu Ende zu hören. Aus der Küche ruft meine Frau rüber: „Was hat er gesagt? Gibt es was Neues?“ In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ereifert sich eine Friederike Haupt über die eitlen und mediengeilen Virologen. Besonderes missfallen hat ihr, dass Drosten über seine Karikatur in der letzten Ausgabe not amused war. Es ist zum Kotzen, wie die Medien die Wissenschaftler für Auflage missbrauchen, mit aller Macht (und Tücke) da einen Zickentanz zusammenschreiben, Knüppel zwischen die Beine werfen, statt bei der Aufklärung zu helfen. Ich frage mich wie Haupts Kollegen von der preisgekrönten Naturwissenschaftsseite der FAZ diesen Zickentanz ihrer Redaktionskollegin finden. Überlege, die FAZ abzubestellen.

Tag 31 nC
Auf der Homepage der Unibibliothek steht noch nicht, wie es am Montag weitergehen soll. Nach dem Schreiben des Rektorats haben wir geschlossen mit Sonderservices für Wissenschaftler und Prüflinge, und so kommt das nun auch auf unsere Homepage. Dadurch ändert sich nicht viel bei uns, wir haben auch bisher schon Bücher im Notfall ausgeliehen, zB intensivmedizinische Grundlagenliteratur (hier mehr davon) an Kardiologen, die dort eingesetzt wurden und nun ihr Wissen noch mal schnell auffrischen wollten. Aber noch viel, viel lieber verweisen wir auf unsere exzellenten elektronischen Quellen zur Intensivmedizin.

Tag 30 nC
Unglaublich – schon 30 Tage seit Schliessung der Bibliothek! Und nun kündigt sich die Öffnung bis spätestens zum 1. Juni wieder an, denn der Rektor hat gestern Abend geschrieben: „Die Universitäts- und Landesbibliothek bleibt für die Benutzung zunächst noch geschlossen. Die Lesesäle sind ebenfalls noch nicht zugänglich. Wir arbeiten aber bereits daran, die Bibliotheken in mehreren Stufen wieder zugänglich zu machen.“ Einige Aussagen des Rektorats zur Ansteckungsproblematik (intern) sehe ich aber als problematisch an, da es uns beim Umgang mit Büchern unmittelbar betreffen wird: „Der präventive Einsatz von Desinfektionsmitteln wird nicht empfohlen, da es sich bei SARS-CoV-2 um ein austrocknungsempfindliches Virus handelt, welches außerhalb des Körpers schnell abstirbt und daher auf Flächen keine nennenswerte Gefahr darstellt.“ Hmmm, soweit mir bekannt, gibt es keine gesicherte wissenschaftliche Evidenz zu dieser Behauptung. Ganz im Gegenteil: Hand- und Oberflächenhygiene wird von allen massgeblichen Stellen weiterhin empfohlen und ist im UKM Pflicht. Wenn es aber nur eine Vermutung ist, warum setzt man dann Mitarbeiter einer Ansteckungsgefahr aus, mag sie auch noch so klein sein?
Und weiter: „Die Verwendung von Mund-Nasen-Schutz und Einmalhandschuhen sollte immer ultima ratio sein und sollte nur in Ausnahmefällen bereitgestellt werden, da ihre Nutzung häufig zu einer nur gefühlten Infektionssicherheit führt und andere Schutzmaßnahmen vernachlässigt werden.“ Hmmm, hier würde ich gerne vom Rektorat hören, welche gesicherte wissenschaftliche Evidenz es gibt, dass das Tragen von Mundschutz zu einer Vernachlässigung von anderen Schutzmaßnahmen führt. Oder ist dies auch wieder nur eine Vermutung? Es gibt mittlerweile Studien, die mit hinreichender Sicherheit belegen, dass das flächendeckende Tragen von Mund-Nasen-Schutz die Infektionsrate verringert. Conclusio: Ziemlich viel ungeprüfte Vermutungen in diesem Rektoratsschreiben… Und statt der einfachen Empfehlung, zwei naheliegende und sich addierende Schutzmassnahmen zu kombinieren (Mundschutz und Abstand), wird die eine gegen die andere ausgespielt.

Tag 29 nC – Donnerstag, 16.4.
Ob Zoom-Meetings das Gelbe vom Ei sind? Ich habe da so meine Zweifel – nach der heutigen Sitzung mit dem kompletten Erstsemester (160 Studierende) bin ich total heiser. Das ist mir offline noch nicht passiert, wie kommt’s? Das Multitasking mit Vortrag halten, Audio-Zwischenfragen beantworten, Chat-Fragen beantworten, Zoom managen ist eine steile Lernkurve, und ich habe die Kurve so gerade geschafft. Aber noch nicht genug, ich mußte ja auch noch unbedingt zwei Umfragen in die Online-Vorlesung einstreuen, von denen ich die zweite während des Vortrags geschrieben habe. :-/ Hat aber prima geklappt, wenn auch Zoom die Antworten nicht abgespeichert hat. Vor meinem Vortrag (eine Art Dauerwerbesendung für e-Books) wollten 86% gedruckte (Lehr)Bücher ausleihen, nachher nur noch 60%. 🙂 Noch eine interessante Zahl: 1/3 saß in Münster vor dem PC, 2/3 irgendwo sonst.
Nach der gestern angekündigten Öffnung von Buchhandlungen und Bibliotheken ab dem 20.4. ist unser Rektor wohl ins Grübeln gekommen, ob es opportun ist, die Unibibliothek weiter geschlossen zu halten. Der Notbetrieb Stufe 1 ab nächster Woche wird also vermutlich bald von einem – wenn nicht Vollbetrieb so doch – Notbetrieb Stufe 2 abgelöst werden. Stufe 2 erlaubt die Ausleihe von allen Büchern für jedermann, Stufe 3 wäre dann wieder Vollbetrieb mit Lesesaalöffnung. Zwei Fragen gilt es dabei noch zu klären: 1. Lässt man die Nutzer ans Regal? und 2. Wie lange kommen die Bücher nach Rückgabe in Quarantäne? Zwei, drei Gedanken dazu: Will man die Mitarbeiter mit kontaminiertem Material arbeiten lassen? Lebensfähiges Virus konnte bis zu 3 Tagen auf Plastik und Stahl nachgewiesen werden (auf Papier 1 Tag, aber unsere Lehrbücher sind ja alle foliert…). Oberflächenvirus erwies sich in anderen Studien aber als nicht mehr infektiös in Zellkulturen. Summa summarun gibt bisher keine wissenschaftliche Evidenz, dass Material X nach Y Tagen Menschen nicht mehr infizieren kann. (Da diese Fragestellungen nur für Fachleute im Detail zu verstehen sind, heißt es dann unter Nicht-Wissenschaftler schnell: „Die Virologen widersprechen sich gegenseitig.“)

Tag 28 nC
Wieder Dienstbesprechung, wieder per Zoom. Und diesmal sind alle (bis auf einen, der nur per Chat dabei ist) gut zu hören. Und am Ende das nun bekannte, teambildende „Abschlusswinken“: Alle schalten nochmal kurz ihr Video ein (und trotzen der Internet-Bandbreite) und verabschieden sich face-to-face, sehr schön.
Heute konnten wir auch etwas Gutes tun. Eine Taskforce der Sportpaten Münster kümmert sich um Kinder, die besonders unter der aktuellen Kontaktsperre leiden und viel zu Hause bleiben müssen, und die vom Jugendamt betreut werden. Diesen Kindern fehlt es akut an digitalem Equipment, um an alltäglichen Leben, an der Schule und sozialen Kontakten teilhaben zu können. Die Bibliothek freut sich in Absprache mit dem Studiendekan, dieses Projekt mit 10 ausrangierten iPads aus easystudium unterstützen zu können.

Tag 27 nC
Die Woche fängt direkt mit einem Highlight an – meine erste Zoom-Vorlesung, professionell begleitet von den Medocs, einem Team von Medizinstudierenden, die sich für die digitale Lehre begeistern. Ich liebe die Kompetenz dieser Leute – so wie andere bei einem guten Wein ins Schwärmen geraten können, so gerate ich eben bei bis in die Haarspitzen intelligenten, kompetenten und professionellen Menschen ins Schwärmen…
Obwohl ich die Folien um die Hälfte gekürzt hatte, bin ich kaum mit der Zeit zu Rande gekommen. Das lag nicht an den – wenigen – Zwischenfragen der Zuhörer, das Format hat mich wohl einfach zum Verquatschen animiert. 😉
Man gucken wie es Donnerstag wird – da habe ich den Stundenplan der Erstis gekapert für eine Zoom-Einführung in die Dienste der Bibliothek. 🙂
Beides gibt mir das beruhigende Gefühl, dass sich was tut, dass ich was tun kann. Dass es auch noch Spaß macht, nehme ich gerne mit.

Tag 26 nC – Ostermontag
Und jeden Tag das gleiche gespannte Warten: Wann ist es endlich 16 Uhr? Denn dann werden die neuen Infektionszahlen der Stadt Münster veröffentlicht, die ich sogleich in eine detailreiche Abbildung einpflege. Und jedesmal danach dieses zufriedene Gefühl, seine Chronistenpflicht erfüllt zu haben …
Wie gestern dargestellt, gibt es das Konzept der Bringbibliothek schon seit 10-20 Jahren. Aber wieso habe ich das Gefühl, dass jetzt ein Quantensprung notwendig ist? Ist die Bringbibliothek vielleicht nie richtig durchgestartet, haben sich die Bibliotheken es zu einfach gemacht? Doch nichts wirklich verändert? Sich an steigenden Benutzungszahlen aufgegeilt? Urheberechte und geisteswissenschaftliche Fakultäten dankbar als Entschuldigungen vor sich her getragen, dass das gedruckte Buch weiterhin unverzichtbar und das Mass aller Dinge sei? Dass sowieso alle in die Bibliothek kommen müssten? Und deshalb keine wirklich tiefgreifende Änderung nötig sein? Ist ja auch soviel einfacher: Mund abwischen, sich zurück lehnen, weitermachen wie bisher.
Was mich abstößt an dieser „Schmeiß‘ die Benutzer mit eBooks zu und alles ist gut“-Mentalität ist die fehlende Kundenorientierung. Die fehlende „Denke vom Kunden her“ führt zu einer geschwächten Kundenbindung, die leider generell gering geschätzt und bei digitalen Diensten nicht mitgedacht wird. Beispiel: Die e-Journals haben die Literaturversorgung auf eine neue Stufe gehoben, was die Arbeit der Wissenschaftler sicher enorm vereinfacht hat. Gleichzeitig ist die Kundenbindung dadurch enorm erodiert. Mein Fazit: Digitale Dienste sind gut und schön, wenn sie von Bemühungen um einen guten Nutzerkontakt flankiert werden. Wo der Benutzer auch sitzt – die Bibliothek darf nie mehr als eine Armlänge von ihm entfernt sein (ok, heutzutage auch gerne zwei Armlängen). Mit anderen Worten: Ist der Service auch noch so fern, der Benutzer sieht den Bibliothekar doch gern.

Tag 25 nC – Ostersonntag
Wunderschöner Osterausflug, Gottesdienst auf der Wiese. Doch die Gedanken schweifen bald ab: Wenn die Welt, wie Steinmaier sagt, nach Corona eine andere ist, dann sind auch Bibliotheken nach Corona andere Bibliotheken. Ich sehe schon jetzt, was die vollumfänglich ausgerollte digitale Lehre mit mir – dem Dozent macht (ich habe meine Vorlesung komplett überarbeitet) und auch für die Studierenden bringt es Neues mit sich, und sei es alleine, dass man nicht nach Münster kommen muss. Als Folge werden keine Arbeitsplätze benötigt, keine oder weniger Lehrbücher ausgeliehen – Corona könnte sich als echter Game Changer für Bibliotheken erweisen. Neue, alte Strategie: Bringbibliothek ausbauen, alles zum Benutzer bringen. Nicht nur (konzeptlos) neue Medien zusammenkaufen, sondern alles auf ein iPad laden und dem Studioso nach Hause schicken zur Dauerentleihe. Nicht nur stichprobenartig Bücher auf Anfrage einscannen, sondern zu jeder Lehrveranstaltung ein Paket von passenden E-Ressourcen schnüren. Nicht nur einzelne Fernleihe-Artikel per Email zuschicken, sondern … (hier fällt mir gerade nichts ein, was einem Dienstleistungsquantensprung nahe kommen würde außer der Deutschland-Flatrate, aber das gab es ja auch vor Corona und da spalten sich ja zur Zeit die U15-Geister, ob das wirklich so eine gute Idee war).

Tag 24 nC – Karsamstag
Ein Tag ohne einen Gedanken an die Bibliothek? Kaum vorstellbar, doch beinahe hätte ich es geschafft… Ein bisschen schlechtes Gewissen, dass ich nicht die Wiedereröffnung „kleine Lösung“ ausgearbeitet habe, ein bisschen schlechtes Gewissen, dass ich das Homeoffice nicht nutze, um den Jahresbericht zu schreiben, ein bisschen schlechtes Gewissen, dass die Erstsemester noch nicht eingeladen sind. Doch zumindest habe ich meine Vorlesung schon fast fertig umgestellt auf Life-Streaming…

Tag 23 nC – Karfreitag
Heute Morgen bekomme ich doch tatsächlich eine Email von der Medienbearbeitung der UB. Die Leute sind wohl so in ihrem Homeoffice-Drive, dass sie nicht merken, dass Wochenende ist… Für mich ist auch kein Wochenende 😉 , ich möchte unbedingt noch den freitäglichen Email-Newsletter der Bibliothek verschicken, um im Zeitplan zu bleiben, gestern hatte ich es nicht mehr geschafft. Bei der Gelegenheit finde ich einen älteren Beitrag mit einem Bericht aus der NZZ, der nun sehr gut passt: Achtung bei Corona-Artikeln aus China: Aus diesem Land kommen besonders viele schlechte Studien. Seit Christian Drosten in seinem Podcast die medXriv-Studien bespricht, bin auch ich auf diesem Preprint-Server unterwegs und lese die neuesten Studien, versuche mich fortzubilden und mir eine eigene Meinung zu Lockdown-Exit-Szenarien und Kontamination von Büchern zu bilden – nicht ganz unwichtig für die Bibliotheksöffnung (obwohl aus Mitarbeitersicht eigentlich nur eine Einschätzung des AMSD – ArbeitsMedizinischer und Sicherheitstechnischer Dienst – in Frage kommt, wird man von denen wohl nie offiziell eine Zahl bekommen, ab wann Bücher nicht mehr infektiös sind) … obwohl, das neueste Papier zur Ausleihe der UB thematisiert die Rückgabe in der Weise, dass es (erstmal) keine gibt. Dem Virus ein Schnippchen geschlagen. 🙂

Tag 22 nC – Donnerstag, der 9.4.2020
Alles wieder zurück auf Null oder 0,1 … Telekonferenz des Corona-Leitungsteam der Bibliothek: Der Rektor hat sich für die „kleine Lösung“ entschieden, d.h. wir können unsere ausgefeilten Pläne zur Wiedereröffnung der Bibliothek erstmal wieder in die Schublade tun. Es soll nur eine Ausleihe für Prüflinge und Wissenschaftler (bei uns natürlich auch Ärzte) angeboten werden. Das Prüfungsamt wird uns hoffentlich sagen können, wer ein „Prüfling“ ist und wer nicht. Sind nicht alle Viertsemester in der Medizin im Prinzip ab Ende Juni Prüflinge (da fängt der 50-Tage-Lernplan für das Physikum an)?
Ein Lichtblick: Die VG Wort und Subito erlauben die elektronische Weitersendung von Fernleihkopien an den Besteller! Damit ist der Fehler, die Fernleihe komplett herunterzufahren, zumindest teilweise wieder ausgebügelt worden – wenn auch bezeichnenderweise nicht von den Bibliotheken selber, sondern von den Rechteverwertern. Immerhin zirkuliert parallel ein Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der Universitätsbibliotheken, dass das Hochfahren der Fernleihe bei der Wiedereröffnung der Bibliotheken oberste Priorität haben sollte…
Licht und Schatten: Der Semesterverteiler der Erstis funktioniert noch nicht – es sind nur 42 angemeldet und auch die haben meine Einladung zu easystudium nicht bekommen. Dafür kann ich am Donnerstag ein Zoom Meeting für die Erstis abhalten, jedenfalls die, die im Verteiler sind, denn ich muss darüber einladen …

Tag 21 nC
So! Die Bibliothek kann wieder öffnen! Wir haben genug Desinfektionsmittel. Mundschutz bekommen alle Studierenden bei der Uniklinik und Spuckschutz ist in der Mache dank den pfiffigen Jungs von den Fein- und Elektromechanische Forschungswerkstätten, einer Stabstelle des Dekanats(!).
Diese spontane, fast kindliche Freude über frische Hefe beim Iraner um die Ecke (auch wenn es ein Pfundblock ist) oder eine frisch entdeckte Kiste Desinfektionsmittel in der Bibliothek! Hätte nie gedacht, dass kleine Sachen so viel Freude machen können… Freudestrahlender Kommentar (soweit man das unter der Maske sehen kann) meines Mitarbeiters, der die Desinfektionsmittel ‚gefunden‘ hatte: „Das Bunkern habe ich von meinem Vorgänger gelernt!“ Dabei hatte ich schon 2 Kisten an die Uniklinik weitergeleitet … dachte eigentlich, ich kenne alle Verstecke; bin jetzt aber doch froh, dass ich nicht alles weitergeleitet hatte…
Nach einer erneuten Telekonferenz haben wir jetzt auch DIE Lösung für die Ausleihe!

  • Alle Bücher können nur per Email bestellt werden
  • Dann suchen wir sie anhand des Emailausdrucks raus, sind frei was Exemplar und Auflage angeht
  • Der Benutzer kann die Bücher jederzeit während der Öffnungszeiten an der Leihtheke abholen (Abholregale im Nahbereich)
  • Registrierung nach §4 erfolgt anhand des Emailausdrucks, auf dem die Abholzeit notiert wird.
  • Bücherrückgabe über den Hintereingang ‚Alte Lehrbuchsammlung‘ (mobiles Entsicherungsgerät)
  • usw usw


Heute morgen habe ich eine erste Ersti-Kiste zusammengestellt.

Tag 20 nC
Heute drei(!) Videokonferenzen, zwei à ein Stunde, eine à 2 Stunden – das ist zu viel für mich, ich bin nicht dran gewohnt, bekomme Kopfschmerzen. Was ich lerne: Videoschalten ohne Bild sind deutlich entspannter, zwei Schalten am Tag reichen, Face-to-Face wird absolut unterschätzt und hat große Vorteile. 😉
Idee von einer klugen Mitarbeiterin, um die Studierenden nicht ans Regal lassen zu müssen: „Die Ersti-Kiste“. Wir stellen vorab eine feste Auswahl der wichtigsten Lehrbücher zu jedem Fachgebiet zusammen, also den Zeeck für die Chemie, den Welsch für die Histologie, den Speckmann für die Physiologie usw., dazu gibt es den Prometheus oder den Sobotta. Wir haben uns bei dieser Überlegung von dem Gedanken tragen lassen, dass 1) die Erstis sowieso noch nicht so genau wissen, welche Bücher wichtig sind, und 2) sie dergestalt die (engen) Gänge der Lehrbuchsammlung verstopfen würden, weil sie stundenlang vor den Anatomiebüchern stehen bleiben und überlegen, welches sie ausleihen wollen…

Tag 19 nC
Spontane Videoschalte mit einigen Mitarbeitern zur Wiedereröffnung der Bibliothek. Sehr gutes Brainstorming. Keiner diskutiert ernsthaft die Version 1 – Offene Magazine. Benutzer werden also eher nicht sich selber die Bücher herausholen können – das spricht stark für die Thekenbibliothek. Dabei richtet sich unser Fokus auf die Erstsemester, die typischerweise a) sehr viel Bücher ausleihen und b) noch nicht so genau wissen, welche. Die darf man also sicher nicht in die engen Gänge der Lehrbuchsammlung schicken, hier bieten sich vorgefertigte Sammlungen an („Ersti-Kiste“).
Nach einem längeren Telefonat weiß ich jetzt auch, dass es Zoom-Kanäle für jedes Semester gibt, dass die Erstis bereits letzte Woche per Zoom vom Studiendekan begrüßt worden sind, und dass wir diese Kanäle auch als Bibliothek nutzen können. Der Emailverteiler für die Erstis funktioniert sowohl in der Zahn- als auch der Humanmedizin – ganz wichtig für die Ausgabe der iPads im Rahmen von easystudium. Ich weiß nun auch, dass Studierende mit ihrem Ausweis einen Mundschutz im UKM bekommen, so dass wir das für die Buchausgabe verpflichtend machen können. Wieviel sich allerdings nicht vor Ort befinden, sondern zuhause im „Homeoffice“, das müssten wir noch abfragen.
Ein Problem, das für mich noch nicht gelöst ist: Was machen wir mit den zurückgegebenen Büchern? Müssen die in eine Quarantäne weil potenziell kontaminiert? Und werden dann erst 5 Tage später zurückgebucht? Oder belassen wir die Bücher erstmal für ein paar Monate bei den Nutzern, nach dem Motto: Danach hat sich das Problem vielleicht von selber gelöst/gibt es neue Forschungsdaten?

Tag 18 nC
Ein wunderschöner Palmsonntagtag – eine erste Ahnung vom Sommer. Schön. Die Bibliothek tritt das erste Mail seit Wochen in den Hintergrund. Auch schön. Andere Probleme nutzen die Gelegenheit sich in den Vordergrund zu drängen. Schön so.

Tag 17 nC
Die Szenarien zur Wiedereröffnung klingen noch nach. Bis zum 14. April werden wir es wohl kaum schaffen, das sind nur noch 4 Tage. Die Medizinstudierenden werden wohl auch zufrieden sein, wenn wir gemeinsam mit der Unibibliothek eine Woche später öffnen – falls denn das Rektorat die entsprechenden Beschlüsse fasst.
Die Szenarien im Einzelnen:

  • Ein Sicherheitsmann (die sind immer männlich) erlaubt immer nur genau soviel Angehörigen der Medizinischen Fakultät (hier sind wir mal ganz egoistisch) den Zutritt wie die Bib wieder verlassen. Maximal 5-10.
  • Version 1: In der Bib ist durch Absperrmassnahmen nur eine Laufrichtung möglich, die im Zickzack durch den Bestand der Lehrbuchsammlung führt. 2m Abstand, Überholen verboten. Fachmonos werden von den Bibliothekaren auf Zuruf aus dem Magazin / der Empore geholt (s.u.).
  • Version 2: Die gute alte Thekenbibliothek wird reaktiviert: Über den Katalog kann man alle Bücher zur Ausgabe an der Leihtheke bestellen (das muss die IT einrichten). Max. 5-10 Bücher pro Nase (Abgabe in haushaltsüblichen Mengen 😉 ). [Nachtrag: Dies geht bei den Lehrbüchern aufgrund der Mehrfachexemplare nicht 🙁 ] -> also Ersti-Kiste!
  • Nach Rückgabe der Bücher (Handschuhe!) kommen diese 5 Tage in Quarantäne (in dieser Zeit dürfen sie nicht ausleihbar sein).
  • für alle Versionen gelten folgende Regelungen: Die Laufwege der Benutzer und Bibliothekare sollen sich nicht kreuzen. Es besteht für beide Mundnasenschutz- und Abstandspflicht (Markierungen auf dem Boden vor der Leihtheke). Spuckschutz über der Leihtheke, Auskunft nicht besetzt, Leihtheke (mindestens in Version 2) doppelt besetzt. Türen stehen generell offen, wenn Klinken, Handläufe oder Thekenbereiche angefasst werden, müssen diese regelmäßig desinfiziert werden. Toiletten sind nicht zugänglich.

Wenn das klappt, könnte man dann auch in einem zweiten Schritt über die Öffnung der Arbeitsplätze nachdenken? Die Einzelarbeitskabinen haben ja per se einen Rundum-Spuckschutz, aber die ausgeatmeten Aerosole verteilen sich ja durch den ganzen Raum. Reicht hier eine gute Durchlüftung mit guten Filtern? Von Untersuchungen in Flugzeugen weiss man, dass Grippepatienten nicht das ganze Flugzeug anstecken, sondern meist nur die zwei Sitzreihen davor und dahinter. Da muss aber noch viel Wasser den Rhein herunterfliessen, bevor das wieder geht …

Tag 16 nC
Erleichterung: Die WWU hat das unten diskutierte Videokonferenztool Zoom natürlich mit allem DSGVO zip und zapp lizenziert, auf dieser Seite sind wir also sicher.
Unterstützung: Die Unibibliothek arbeitet an einem Konzept zur Wiedereröffnung, wie es sich anhörte so eher Stil Thekenbibliothek.
Lernleistung: via medici ist ein tolles Portal für Studierende, besonders der Vorklinik, aber weniger für Dozenten. Ein Flipped Classroom-Enthusiast bei uns benutzt ein Thieme-Lehrbuch als Vorlesungsskript in der e-learning Plattform Ilias, inkl. Assessment der „Vorlesungsverinnerlichungsleistung„. Danach geht es (normalerweise) zur didaktisch-haptischen Vertiefung in die Präsenzveranstaltung, wie dies digital nachgestellt werden könnte, ist noch nicht klar.

Tag 15 nC – Donnerstag, der 2.4.2020
Gestern hatte es mich voll erwischt – der Fließschnupfen hatte sich in wenigen Stunden zu einem veritablen Infekt mit Kieferhöhlenbeteiligung und Kopfschmerzen entwickelt. Ich bleibe zu Hause – in Übereinstimmung mit den neuen Regeln am UKM. Hätte ich in den letzten 14 Tagen Kontakt mit einem verifizierten COVID-19-Patienten gehabt, wäre ich auch nur mit Schnupfen (auch ohne Fieber!) zum begründeten Verdachtsfall geworden: „Der Umgang mit anderen Personen ist zunächst zu vermeiden. Die betroffenen Mitarbeitenden stellen ihre Tätigkeit sofort ein und kontaktieren den AMSD. Dort wird ein Abstrich veranlasst. Bis zum Ergebnis des Abstriches dürfen die Mitarbeitenden ihre Tätigkeit nicht wieder aufnahmen.
Machen wir uns lieber Gedanken zur Wiedereröffnung der Bibliothek. Ich finde Wiedereröffnung ist ein schönes Wort oder muss es – weniger prosaisch – Wiederöffnung heißen?

Tag 14 nC
Heute Morgen total verschnupft – die letzten Tage waren einfach zu kalt, brrrh!, und dann die langen Spaziergänge – das geht voll auf die Gesundheit! Werde mich bei der heutigen Videoschalte zurückhalten.
Heute Morgen ist auch Christian Drosten krank – ebenfalls Sinusitis. Geteiltes Leid ist halbes Leid 😉 doch dass ich auf den täglichen Podcast verzichten muss ist nicht witzig!
Heute Morgen ist die Bibliothek seit 14 Tagen geschlossen. Zwei Wochen Lockdown – eine Bilanz: Wir haben bereits zwei Dienstbesprechungen, eine Verabschiedung und eine Neueinstellung als Videokonferenz durchgeführt, täglich wird mit den Mitarbeitern im Homeoffice telefoniert, auch dank Email und Mattermost läuft die Kommunikation bisher ganz gut. Wir haben wenig Anrufe und Email-Anfragen, die Nutzung unseres Fernleihdienst Rapidoc stagniert auf hohem Niveau. Die Mitarbeiter sind zufrieden, die im Homeoffice arbeiten wollen, arbeiten im Homeoffice, die in der Bib arbeiten wollen, arbeiten in der Bib. Fast jeder Verlag, der was auf sich hält, hat uns mittlerweile eine Corona-Angebot gemacht, sei es für frei verfügbare Fachartikel, sei es für Textmining, sei es für elektronische Ressourcen zur digitalen Lehre. Und Spuckschutz! (Immer wenn ich dieses Wort höre, muss ich an Katja Riemann denken 😀 ) Spuckschutz, Sicherheitseinlass und Abgrenzungsständer (lieferbar ab KW22) – die Wiedereröffnung der Bib muss gut vorgeplant werden, Freitag gibt es dazu hoffentlich eine Entscheidung vom Rektorat.
Heute Morgen im Radio: Zoom, der allgegenwärtige Video-und Konferenzdienst, steht aufgrund von fehlendem Datenschutz in der Kritik. Die New Yorker Staatsanwaltschaft hat sich eingeschaltet und will von Zoom Auskunft zu Maßnahmen für den Schutz von Nutzerdaten und Privatsphäre einholen. Zoom wurde gerade erst von UKM und Uni lizenziert, es sollte als Rettungsanker für Konferenzen, die Lehre, das digitale Sommersemester und einfach alles dienen, wir wollten damit unsere Mitarbeitermeetings abhalten, da uns Skype nicht vertrauenswürdig genug erschien (!) und das DFN-Tool DFNconf Bandbreitenprobleme zeigte, doch offensichtlich hatte sich keiner Gedanken darüber gemacht, dass der Anbieter in den USA sitzt und vielleicht nicht so ganz DSGVO-kompliant ist…
Heute Morgen in der Zeitung: Was, es gibt keinen Aprilscherz? Ist denn die Lage soo ernst?

Tag 13 nC
Mein Wort des Tages ist das von Yuval Harari im Handelsblatt: „Zweitens ist nicht Isolation, sondern Information das Gegenmittel zur Epidemie. Wir brauchen verlässliche und gute Informationen, die sowohl auf der Länderebene als auch auf der Ebene der Individuen geteilt werden.“ Das erinnerte mich an meinen geliebten Christian-Drosten-Podcast, der mit seiner sonoren wissenschaftlichen Seriösität einen wichtigen Tagesanker im persönlich-medialen Turmoil darstellt.
Für die medizinische Ausbildung eine Kompilation unserer elektronischen Ressourcen zusammengestellt: Digitales Sommersemester: E-Books, Datenbanken und weitere Ressourcen für die Lehre.

Tag 12 nC
Wie geht man damit um, wenn einigen so langsam die Arbeit ausgeht? Es ist schwer, für Mitarbeiter an der Leihtheke sinnvolle Tätigkeiten im Homeoffice zu finden. Manchen macht das nichts aus, andere scharren mit den Hufen. Hinzu kommt die Isolation und fehlende Tagesstruktur in der jetzigen Situation: Mal wieder in die Bib fahren zu können, erscheint da manchem als rettender Anker. Wir werden jetzt wohl die zwei Teams rotierend neu besetzen, damit auch andere Mitarbeiter „in den Genuß kommen“, in der Bibliothek arbeiten zu dürfen. Die IMB bat auch schon darum, ob ich nicht mal wieder gedruckte(!) Bücher anschaffen wolle, die Buchhändler würden sich über jeden Auftrag freuen.
Ich hatte gestern kurzfristig neue eRef-Lizenzen lizenziert, weil ich die vom Coronavirus belasteten Stationen in Chirurgie und Ambulanz unterstützen wollte. Der Leiter der Notaufnahme hat sich sehr darüber gefreut, was wiederum mich sehr gefreut hat. Kommt an! 🙂

Tag 11 nC
Was liest man Sonntags Morgens in der Krise? Das gleiche wie sonst auch: Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Heute hat die FAS Studierende interviewt. Benedikt Flörsch (29), siebtes Semester Medizin an der LMU München, macht sich keine Sorgen: „Ansonsten lerne ich wie die meisten Medizin-Studierenden mittlerweile mit dem digitalen Nachschlagewerk „Amboss“ in Eigenregie, das alle wichtigen Standardwerke vereint und zu jedem Fachgebiet die passenden Fragen aus den Staatsexamen zum Üben anbietet.“ David Overmeyer (27), siebtes Semester Jura an der WWU Münster, lernt gerne in der Bib: „Vor einem Jahr hätte mich die Krise weniger beeinflusst. Ich erarbeite mir die Inhalte meist eigenständig, viele Skripte sind online abrufbar. Aber die Schließung der Bibliotheken hätte mich vielleicht etwas gebremst, ich finde dort die richtige Atmosphäre zum konzentrierten Lernen und Arbeiten.“ Na, das macht doch Hoffnung. Wir sind mit Amboss und via medici gut aufgestellt, zumindest die Prüfungsvorbereitung kann auch gut ohne die physische Bibliothek ablaufen. Und die Vorlesungen streamen wir einfach 1:1 ins Wohnheim?
Im Kasten daneben erklärt Jürgen Handke, auf digitale Lehre spezialisierter Professor für Anglistik in Marburg, dass das so nicht geht: „Es genügt auch nicht, die klassische Vorlesung von 90 Minuten zu filmen und samt Foliensatz ins Netz zu stellen. Da schaltet jeder im wahrsten Sinne des Wortes irgendwann ab.“ Was also dann? „Inhalte müssen in kleinere und abwechslungsreichere Lerneinheiten zerlegt werde … Im Sinne des „Inverted Classroom“ erarbeiten sich die Studierenden den Stoff damit eigenständig … Anhand von Musterlösungen können die Studierenden ihren Lernerfolg dann selbst überprüfen.“ Einige Fachbereiche der Fakultät experimentierten seit 1-2 Jahren mit Inverted oder Flipped Classroom, das könnte nun auf uns alle zukommen – die Lernkurve ist steil in diesen Tagen… Ob ich mir diese Arbeit für meine Vorlesung „Onkologische Literaturrecherche“ im Rahmen des Blockkurs „Problemorientierte Tumormedizin“ antuen soll? Hmmm. Ich könnte mir doch relativ problemlos kleine Suchaufgaben überlegen und den Lösungsweg auf unsere Homepage posten? Finde den Review von UpToDate zur Chemotherapie bei fortgeschrittenen Ovarialtumoren. Welchen Evidenzgrad hat die Empfehlung? Wieviele Artikel gibt es in PubMed zu xyz? Was ist der Unterschied zwischen Amboss und UpToDate? Und wo finden Sie Leitlinien?

Tag 10 nC
Wie unterstützen bisher die Medizinischen Einrichtungen in ihrem Kampf gegen das Coronavirus im Wesentlichen mit zwei Dingen: Zum einen haben wir uns unabhängig von der Fernleihe gemacht und besorgen jeden Coronavirus-Artikel weltweit. Zum anderen stellen wir mit unserem sehr gut ausgebautem Portfolio an elektronischen Ressourcen (E-Books und iPads) die Versorgung der Studierenden in dem kommenden all-digital Sommersemester sicher. (Und vielleicht als Drittes bieten wir den Dozenten gezielt die entsprechenden Lehre-unterstützenden Tools an).
Die eine Frage aber bleibt und stellt sich mir seit gestern mit immer stärker werdenden Dringlichkeit: Könnten wir das medizinische Personal nicht auch viel direkter und unmittelbarer unterstützen? Unsere größten Ressourcen Mitarbeiter und Räume werden ja zur Zeit weniger als sonst in Anspruch genommen.
Das eine haben wir schon mit großem Erfolg gemacht: Unsere studentischen Hilfskräfte koordinieren nun den Einsatz der vielen freiwilligen Medizinstudierenden in der Krankenversorgung mit.
Ein Gedanke wäre, Bibliotheksräume als Orte der Ruhe und Erholung anzubieten, zum Auftanken für gestresste Ärzte und Pfleger. Wie das aussehen könnte und ob wir da eine gute Dienstleistung draus machen könnten, wird sich in den nächsten Tagen herausstellen.

Tag 9 nC
Und jeden Tag die bange Frage am Nachmittag, wenn die Stadt Münster die neusten Infiziertenzahlen herausgibt (und ich sie auf der Seite der Bibliothek nachtrage) ob die Einschränkungen einen Effekt gehabt haben oder nicht. Bisher sieht es gut aus, die Zahl der Neuinfektionen pro Tag steigt nicht über 50 – ein Zeichen, dass der Gesamtanstieg nicht exponentiell ist.
Nachdem der erste Schock über die Schließung überwunden ist und die Arbeit in der Bib bzw. im Homeoffice zur Routine geworden ist, richten sich nun alle Gedanken auf die Art und Weise einer eventuellen Wiedereröffnung.

Tag 8 nC – Donnerstag, der 26.3.
Wenn es etwas Positives an dieser Corona-Pandemie gibt, so ist es, dass uns die Universität erlaubt hat, nicht mehr die Stechuhr benutzen zu müssen, sondern dass die Vertrauensarbeitszeit gilt. Das erleichtert die Arbeit wirklich sehr und sollte auf jeden Fall auch nach Ende der Krise beibehalten werden!
In den kommenden Tagen werden wir zwei Präzedenzfälle haben: Zum einen die Verabschiedung eines langjährigen Mitarbeiters. Drei Personen sind dabei vor Ort – per Mundschutz, der Rest ist per Videoschalte zugeschaltet. Der zweite Fall: Am Mittwoch tritt eine neue Mitarbeiterin ihren Dienst „in der Bibliothek“ an – de facto wird das wiederum virtuell per Videoschalte stattfinden müssen.
27 Jahre lang war ich im Uniklinikum unterwegs und habe nie einen Ausweis gebraucht – heute musste ich einen beantragen, denn die Klinik kann nur noch mit Genehmigung betreten werden.

Tag 7 nC
Routine kehrt ein. Schon lange (3 Tage!) gab es keine neue Verschärfung der Ausgangs- und Einkaufsregeln, gestern gab es sogar wieder Toilettenpapier und Mehl. 😉 Die Gedanken wandern zum „Ende der Krise“, sprich zur einer möglichen Wiederöffnung der Bibliothek. Ist dies überhaupt notwendig, wenn doch das kommende Sommersemester ein rein digitales sein wird? Zwei Argumente bewegen mich hier: Mit 300+ der wichtigsten elektronischen Lehrbücher und unserem iPad-Projekt easystudium sind wir exzellent für eine solche Herausforderung aufgestellt. Trotzdem gibt es natürlich Lehrbücher, die es noch nicht digitalisiert gibt, gerade in der Zahnmedizin. Die dürfte man aber wegen Ansteckungsgefahr nur einmal ausleihen oder müsste sie nach Rückgabe desinfizieren … Das zweite: Sind unsere fast rundum eingekapselten Einzelarbeitskabinen nicht die idealen Anti-Corona-Kabinen? Am besten ist natürlich, man lernt zu Hause, aber am zweitbesten ist doch die Bib, oder? Als reiner Lernraum, versteht sich. Solche abgekapselten Arbeitsplätze wie bei uns gibt es nirgendwo sonst auf dem Campus.
Gerade wurde unser Notvorrat an Schutzanzügen (was machen die in der Bib?) und Sterilium (ohne Benutzer brauchen wir auch dieses Zeug nicht) von 2 Männern mit Schutzmaske (ok, ich habe auch eine auf) abgeholt. Ihre Bemerkung: „Die Sachen brauchen wir dringend. Danke für die Meldung!“, beruhigte mich nicht so wirklich, freute mich aber sehr.

Tag 6 nC
Schon der sechste Tag der „Katastrophe“. Heute Morgen hatten wir Mattermost-Konferenz mit dem „Corona-Leitungsstab“ der UB, heute Nachmittag gibt es dann eine Videoschalte mit den Mitarbeitern der ZB Med. Mal gucken, ob die Technik hilft (viel mehr bleibt ja nicht) in Kontakt zu bleiben und Dinge anzustoßen. Wir probieren zurzeit einige Konferenztools aus und arbeiten und denken uns da irgendwie rein.
So langsam kehrt Routine ein, bildet sich ein neuer Tagesrhythmus aus: Morgens mit Mundschutz die Hauspost aus dem UKM holen, das Bibliothekstelefon auf das eigene Telefon umstellen, die nächt- und morgendlichen Anrufer der zurückrufen, die Reinigungskraft begrüßen, mittags den NDR-Podcast mit Christian Drosten hören, abends die neuen Infektionszahlen auf unserer Gesundheitsinfoseite nachtragen – das alles nur unterbrochen von Video-, Mattermost- (ja, die Lernkurve ist steil!) und Telefonkonferenzen und (immer noch) erstaunte Gänge durch die menschenleere Bibliothek.
Die Videoschalte mit meinen Mitarbeitern war ein voller Erfolg: Alle konnten sich einloggen, technische Probleme wurden in Nullkommanix behoben und alle freuten sich, mal wieder zusammen zu sein (wenn auch nur virtuell). Das ist nicht zu unterschätzen, auch das sich gegenseitig mal wieder sehen zu können (auch wenn die Bandbreite es nicht ganz hergab und alles +- verschwommen war).

Tag 5 nC
In den vergangenen Tagen haben wir zusammen mit dem Uniklinikum an einer Lösung gearbeitet, auch ohne Subito oder Fernleihe weiterhin hochwichtige Fachliteratur besorgen zu können. Die Idee war einfach: Das UKM stellt uns eine Kreditkarte zur Verfügung, mit der wir die Artikel auf der Verlagswebseite einkaufen können. Gestern Abend kam der Präzedenzfall, eine epub ahead of print Publikation aus Clinical Microbiology and Infection, eine Elsevier-Zeitschrift, die nicht über Subito zugänglich war. Heute Morgen konnten wir den Artikel dem anfordernden Arzt zuschicken – ein schönes Erfolgserlebnis!
Gerade einen kleinen Schatz in einem alten Pappkarton gefunden, der tief unten in einem Schrank verborgen war: 4 Schutzanzüge inkl. FFP3-Masken! Dazu hatten wir noch 2 Kisten mit Desinfektionslösung, die jetzt ja keiner in der Bib mehr braucht. Also werde ich alles mal dem UKM anbieten. Krankenversorgung geht vor!

Tag 4 nC
Unser Münsteraner RTL-Millionär Dr. Leon Windscheid empfiehlt, nur zweimal am Tag Nachrichten zu gucken. Werde ich heute mal ausprobieren… In der FAS sehnt sich eine Studentin namens Julia danach, dass die Unibibliothek wieder aufmacht. Einem wird der Wert der „kleinen“ Dinge bewusst, sei es die Kassiererin, die den Supermarkt offen hält (meine persönlichen Helden!), sei es der Arbeiter bei Westfalen AG, sei es der Müllmann, ganz zu schweigen von allen Personen im Gesundheitswesen, die sich nicht in das sichere Homeoffice zurückziehen können. Selbstverständlichkeiten werden hinterfragt und gewinnen an Wert – wie die Bib, die einst ein Zuhause darstellte.
Der Gedanke der zwei Teams reift weiter: Welche Dienstleistungen sind unverzichtbar, was muss man in der Krise weiter anbieten (sprecht mich bitte nicht auf den unsäglichen Stopp der Bibliotheksfernleihe an… gottseidank sind wir mit Subito gut dabei und gottseidank sind fast alle Corona-Artikel Open Access).

Tag 3 nC
Wochenende! Keine Anrufe mehr! Bzw. doch noch Anrufe auf das Infotelefon, die auf mein Handy weitergeleitet werden, doch ich habe es ausgeschaltet und in die Ecke gelegt… Eine Voicebox ist beim IT Helpdesk beantragt, doch das kann was dauern.
Eine Mitarbeiterin im Homeoffice will eine Stunde fahren, um nach dem Rechten zu schauen und sich mit uns abzusprechen. Was ich gestern noch als problemlos ansah, bereitet mir mittlerweile Kopfzerbrechen. In mir reift der Gedanke, zwei Teams zu bilden, die sich tagsüber nicht begegnen, um bei Ansteckungen nicht die ganze Mannschaft in Quarantäne schicken zu müssen.

Tag 2 nC
Alarm: Das Toilettenpapier ist alle in der Bib! Wir sind schon auf Notvorrat. Doch halt: Wir haben ja gar keine Benutzer mehr, die was aufbrauchen könnten – arghh. An diesen Gedanken muss ich mich erst noch gewöhnen… Aber wir machen trotzdem bei der Beschaffungsstelle Druck, denn spätestens am 20.4. brauchen wir wieder was. 😉
Nach einem heutigen Artikel in der Süddeutschen fühlen sich die Studierenden sehr verunsichert und schlecht informiert. Meine Mail an alle 3.000 war vielleicht doch zu allgemein gehalten? Muss nochmal eine rumschicken und auf unsere elektronischen Lehrbücher hinweisen.
Heute mit Bauchschmerzen eine Krisensitzung in der UB abgesagt. 1 Stunde mit 10-12 Leuten in einem geschlossenen Raum war mir dann doch zu viel. Wieso kann man solche Sitzungen nicht per Videoschalte machen?
Nächste Woche möchte ich gerne eine virtuelle Dienstbesprechung machen. Kennt da einer ein gutes Tool? Telefonkonferenz.de nimmt 9 Cent pro Minute von jedem Teilnehmer – ist das zuzumuten?

Tag 1 nC – Donnerstag, 19.3.2020
Gestern den Schlüssel herumzudrehen und zu wissen, dass es für einen Monat das letzte Mal ist, dass sich die Eingangstüre öffnet, war schon ein komisches Gefühl. Man kann sich doch noch nicht so recht von der Bibliothek trennen. Der erste Weg geht zum gewohnten Arbeitsplatz. Und oh Wunder: Fast alle Mitarbeiter sind da! Nur zwei sind im Homeoffice. Ich teile mir die Spielmacher-Rolle mit meinem Stellenleiter und rufe dort an, um den Kontakt nicht abreißen zu lassen.
Die erste Bestellung eines Corona-Artikels kam auch schon rein, wie sich heraus stellte, war das Paper – wie die meisten – open access zugänglich. Nur gut, dass es unseren Rapidoc-Service gibt, der die Nutzer darauf hinweist.
Dazu pflege ich zurzeit eine Liste mit Fachliteratur zu Corona – von PubMed-Recherchen zu frei zugängliche Quellen zu Volltextmining-Tools, die ich versuche aktuell zu halten, genau wie die Liste zu aktuellen Hinweisen und den Fallzahlen in Münster, die ich in Ermangelung einer offiziellen Abbildung mit Visualizer in einem eigenen Chart darstelle.

Neulich beim Helpdesk…

Q: Ich möchte gerne auf das Intranet des Uniklinikum ABCDE zugreifen.
A: Benutzen Sie https://xyz.ukabcde/Citrix/ukabccitrixWeb/

Ich kann mich auf https://xyz.ukabcde/Citrix/ukabccitrixWeb/ einloggen, aber werde dann gefragt, mit welchem Programm ich die ICA-Datei öffnen will.
Nehmen Sie Citrix Workspace App.

Ich habe die App nun installiert, aber jetzt fragt er nach einem Server.
Nehmen Sie den Server https://xyz.ukabc.de/vpn/index.html

Ich habe den Server genommen, aber jetzt fragt er nach einem Token.
Das Token müssen Sie beantragen.

—-

Das erinnerte mich an Hanns Dieter Hüsch, so:

Dat Fahrrad is kaputt
Wie kaputt
Ja Kette gerissen
Wie Kette gerissen
Weiß ich auch nich
Wie weiß ich auch nich
Dann sieh ma zu wie de dat Ding wieder in Ordnung kriss

8 Library Services which cost almost nothing …

8 Library Services which cost almost nothing

  1. Display ranking lists of most used text books, and/or books which help most passing exams
  2. Just before exams / thesis deadlines: Open the library 24 hours, provide experts for support in areas such as scientific writing, literature searching and management, statistics, etc pp
  3. Lend out recent gadgets such as iPads and Apple watches sponsored by vendors
  4. Organize a used book sale with anybody as a seller or buyer
  5. Organize a table tennis tournament in the library
  6. Play escape games with the students or the library version of „Bucket of doom“ :-))
  7. Provide an weekly email newsletter / facebook page with interesting news
  8. Welcome each user with a smile

8 Library Services to start with today

  1. Go from user to user, masked with a red nose, gifting flyers and flowers 🙂
  2. Make an exhibition of your users favorite learning environment
  3. Make an inquiry about the students needs
  4. Offer a free plagiarism check
  5. Organize an „Appathon“, where users can share their best Apps
  6. Provide a glass with sweets at the lending desk
  7. Provide snack & coffee lectures at lunch time, bake cakes
  8. Recommend (and provide!) apps which are especially useful for learning

nächste Kategorie :
8 Library Services which are shocking good 😉

jung & sexy: Mein erster Science Slam …


Science Slam Line-up (v.l.n.r.): David (Moderator), Jan-Ole Reichardt, Eva Schönefeld, Sven Meuth, Oliver Obst (nicht auf dem Bild: Phillip Lenz)

Die Fachschaft Medizin organisiert seit einigen Jahren einen Science Slam der Medizinischen Fakultät in Münster, so auch dieses Jahr. Der Science Slam findet traditionell am Abend des Tags der Lehre statt und wird durch viel Glühwein und Hot Dogs eingerahmt. Diesmal war es für die Fachschaft besonders schwierig, Vortragende zu bekommen, da von der Fakultät gleichzeitig der Besuch des Wissenschaftsrats vorbereitet wurde. So kam ich – völlig überraschend – in den Genuss einer (sehr) kurzfristigen Einladung. Etwas leichtfertig sagte ich zu, nur um das ganze Wochenende darüber nachzugrübeln, ob ich mir das wirklich antun wollte. Ich hatte den Begriff Science Slam schon mal gehört, konnte mir auch nebulös etwas darunter vorstellen, hatte aber noch keinen einzigen gesehen.

Der erste Stop meiner Entscheidungsfindungsrallye ist das Internet bzw. Wikipedia. In dem dortigen Beitrag erfahre ich, dass Leiter von Medizinbibliotheken eher nicht zur primären Vortragsklientel von Science Slams gehören: „Ein Science-Slam ist ein wissenschaftliches Kurzvortragsturnier, bei dem Wissenschaftler (überwiegend Nachwuchswissenschaftler) ihre Forschungsthemen innerhalb einer vorgegebenen Zeit vor Publikum präsentieren.“ Oha. Oje. Ok. Das könnte ein Problem werden… Ich bin definitiv kein Nachwuchswissenschaftler eher ein spätgeborener Unwissenschaftler :-/

Aber verschiedene Leute machen mir Mut, so dass ich meine Forschungen zum Thema Science Slam ausweite, indem ich mir bei YouTube einige Vorträge anschaue. Und ich stelle fest: Das Niveau ist stellenweise ausgesprochen hoch, aber dann auch nicht wieder so hoch, dass ich es mir nicht auch zutrauen würde. Besonders der Vortrag mit dem Hodenknackerfisch fasziniert mich aufgrund der Kluft zwischen geringem Inhalt und genialer Vermittlung. Meine Schlussfolgerung: Mit einer witzigen Verpackung kann man alles verkaufen!

Doch so langsam rennt mir die Zeit davon. Ich hatte mich zwar prinzipiell für einen Auftritt entschieden, aber nur mit welchem Thema? Und nur noch eine Woche Zeit! Nach einem knackigen Brainstorming stehen vier Themen zur Auswahl, die ich – streng wissenschaftlich – nach Kriterien bewerte wie „Gefahr, dass einer mehr weiß als ich“, „möglicher Einstieg“, „Bezug für Studenten“, „Nützlichkeit“, „Witz/Story“, „Punchline“ und ob ich mich mit der Story identifizieren kann.

  1. Meine Doktorarbeit (Endothel, Herz, Stresshormone – hier hätte ich die überzeugendste wissenschaftliche Basis) scheidet aus, weil sie einfach zu alt ist.
  2. Dasselbe Schicksal trifft zwei Themen zu Benutzertypen und Lernverhalten (wen es interessiert: meine Idee war es, den Myers-Briggs-Typenindikator auf witzige Benutzertypen á la Dörte Böhner treffen zu lassen).
  3. Beim Thema „Forschungsdaten“ (mit dem Daten-Sherlock Holmes unterwegs) kann mir zwar keiner was vormachen, aber es ist soo meilenweit an jeder studentischen Realität vorbei…
  4. Bleibt nur noch … Das Publikationswesen … Ok, auch kein Thema, dass man spontan mit „jung“ und „sexy“ in Verbindung bringen würde, aber es gibt Anknüpfungspunkte! … zum studentischen Alltag … Doktorarbeit muss jeder schreiben, alle haben Angst ein Plagiat zu begehen, Open Access kennen sie auch alle und … Fake Journals! Besonders letzteres könnte man doch spannend als Sherlock Holmes-Geschichte auskleiden!!

Gesagt, getan. Zwar hat das Thema „Fake-Journals“ nichts mit dem (vorgegebenem) Thema „Schönheit“ zu tun, aber das kann ich jetzt in meinem Stress nicht auch noch berücksichtigen – juggling with too many balls! Dafür bieten Fake-Journals eine interessante Story (jeder muss publizieren), einen spannenden Plot (David gegen Goliath) und nützlichen Rat (passen Sie auf, wo Sie publizieren). Im Titel mache ich dann noch eine Alibi-Referenz zum Motto des Tages der Lehre „The beast and the beauty“: The Journal is a Beast: Die Geschichte einer großen Liebe, die durch wissenschaftliche Zeitschriften auf eine ernste Probe gestellt wurde.


The Journal is a Beast

In den wenigen verbliebenen Tagen arbeite ich wie besessen. So gut habe ich noch keinen Vortrag vorbereitet! Ein frisch verliebtes Wissenschaftler-Pärchen, Fritz und Frieda, steuern ihr Schiff der Liebe durch den Sturm des Karriere/Publikations-Orkans, zerschellen beinahe am Riff der fiesen Fake-Journals – inklusive Tinder-Chats, Stimmungsschwankungen und Wissenschaftler-Babys. Ich überlege ständig, was gut ist und was nicht und schmeisse alles raus, was nicht ankommt, nicht witzig ist oder keinen Bezug zum Lebensalltag der Zuhörer hat (so sollte man alle Vorträge angehen…). Am Schluss teste ich, wieviel Zeit ich brauche, und kürze den Vortrag nochmals um zwei, drei Folien. Ich bin fast auf den Punkt genau fertig, aber eigentlich habe ich zu spät angefangen – es fehlen mir noch 24 Stunden um mit dem Resultat wirklich zufrieden sein zu können (da meldet sich mal wieder der alte Affe Perfektionismus 😉 ).

Den ganzen Tag über nimmt mich das 25-jährige Jubiläum der Zweigbibliothek in Anspruch, doch ich freue mich wie irre auf den Science Slam und denke dauernd: Das (Jubiläum) hier ist die Pflicht und gleich kommt die Kür!


Der Audimax ist propevoll, gespannte Erwartung

Um 19 Uhr geht es in die Höhle des Löwen den überfüllten Audimax der Fakultät. Die Nachricht, dass ich bereits als zweiter drankommen, beruhigt mich immens: Dann habe ich es schnell hinter mir! Doch zuerst ist die Wahl der Dozenten des Jahres dran. Meine Aufregung steigt von Minute zu Minute, doch als ich die Langhaar-Perücke anziehe, die mich – mit buntem Hemd, Hosenträgern und Sneakern – 20 Jahre jünger macht (s.o. Nachwuchswissenschaftler!) und endlich auf der Bühne stehe, ist das Lampenfieber weg, und es macht einfach nur jede Menge Spass, auch wenn ich vor lauter Adrenalin einen zeitweisen Blackout habe: Wo bin ich hier? Was war nochmal die nächste Folie? Der Spaß überträgt sich offensichtlich auch auf die Zuhörer, denn zum Schluss werde ich durch einen zweiten Platz belohnt – hinter dem unbestrittenen Sieger Sven Meuth!


Am Ende werden zur Musik von Robin Williams die Kerzen rausgeholt; das ist immer so, habe ich mir sagen lassen. Und wir stehen die ganze Zeit Arm in Arm auf der Bühne – Gänsehaut pur.

PS: Nächstes Jahr lasse ich mich wieder einladen – und dann weiß ich auch schon genau, worüber ich spreche…

Simulieren, Sedieren, Sezieren – Virtual Reality in Bibliothek und Medizin


Foto: Screenshot 3D-Organon VR Anatomy

Virtual Reality (VR) ist ein weiter Begriff, im Folgenden möchte ich ihn ausschliesslich für Computerprogramme verwenden, die mit Hilfe von virtuellen Brillen (Headsets) eine Simulation einer realen 3D-Welt erzeugen – eine „virtuelle Welt“. In dieser Welt kann man sich – (fast) genauso wie in der realen Welt – bewegen und mit Objekten interagieren. Aufgrund der Tiefe der Immersion handelt es sich um ein (fast) einzigartiges Phänomen. Laut dem Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies befindet sich VR auf dem Weg zum „Plateau of Productivity“. Im Folgenden wird beschrieben, wie Visualisierungs­techniken die Medizin und die medizinische Ausbildung verändern.


Augmented vs. Mixed vs. Virtual Reality [nach 5]

VR in der Operation
Aus CT-Bilder der zu operierenden Struktur wird eine virtueller „3D-Klon“ des Patienten erzeugt, der prä- und intraoperativ die Operation unterstützt. Die Chirurgen sind begeistert: „Virtual reality can provide an enhanced understanding of crucial anatomical details, both preoperatively and intraoperatively, which could contribute to improve safety in […] surgery.“ [1]

VR in der Psychologie
Eine PubMed-Suche findet über 3.300 Arbeiten mit „Virtual Reality“ im Titel, darunter alleine 400 Arbeiten zum MeSH-Begriff Virtual Reality Exposure Therapy. In der Psychotherapie zählt VR – zusammen mit EBMR – zu den psychologischen Desensibilisierungstechniken und wird sowohl bei einer Vielzahl von Krankheiten eingesetzt wie Esstörungen, Ängsten und Vermeidungsverhalten als auch für die Schmerzreduzierung und die stressreduzierende Ablenkung z.B. bei Operationen oder Rehabilitation bei Schlaganfall [in 5].

VR in der Ausbildung
Simulationstraining wird zum Erwerb von praktischen Fähigkeiten bereits flächen­deckend eingesetzt, u.a. mit großem Erfolg im Studienhospital der Medizinischen Fakultät. Lerntheoretiker sind sich einig, dass VR der nächste Schritt in der Immersion von Realität ist (auch wenn 2013 noch etwas kurzsichtig behauptet wurde, dass computerbasierte Simulationsprogramme keine praktischen Fähigkeiten vermitteln könnten [2]). In der medizinischen Ausbildung wird VR in der Simulation von medizinischen Eingriffen eingesetzt, des weiteren existieren einige anatomische VR-Programm­e zur virtuellen Reise in den menschlichen Körper, wie z.B. 3D Organon VR Anatomy mit der Oculus Rift oder Human Anatomy VR von Virtual Medicine für die Oculus Go oder HoloAnatomy an der Case Western Reserve University für die Microsoft Hololens. Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Simulation („first hands experience) von Krankheitsbildern in der Berufsausbildung und Patientenaufklärung, so erstellt z.B. Embodied Labs VR-Anwendungen für Altenpfleger, zur „Erfahrung“ von Krankheitsbildern wie Alzheimer und das Stanford Virtual Heart Project macht 2 Dutzend angeborene Herzkrankheiten in VR sichtbar.

VR in der Bibliothek
Bibliotheken spielen eine wichtige Rolle bei der Ausweitung von VR, denn sie helfen bei der Verwaltung und dem Austausch dieser Inhalte. „Health sciences libraries are well poised to play a bigger role in helping clinicians, faculty, students, and researchers discover and leverage the use of VR and AR tools.“ [3] Die Zweigbibliothek unterstützt die kreativen Bemühungen ihrer Studierenden zur Erstellung von nutzergeneriertem VR-Inhalten ganz praktisch. Sie versteht dies als Erweiterung ihrer Services. Durch die Universitätsbibliothek wurde ein leistungsfähiger VR-Computer angeschafft: Ein Asus-PC in Lian Li-Gehäuse mit Intel i7-Prozessor, 16GB Arbeitsspeicher und – unverzichtbar – einer Geoforce 1060 6GB Grafikkarte. Eine der ersten Anwendungen, die erfolgreich auf dieser Maschine getestet wurden, war 3D Organon VR Anatomy (s.o.).

Seit kurzem verfügt die ZB Med auch über zwei Kameras, mit der sich 360-Grad-Videos erstellen lassen. Diese Kameras sind in der Lage, in alle Richtungen zu filmen. Sie nehmen 360 Grad horizontal sowie vertikal auf, und bei der Betrachtung mit einer VR-Brille kann man sich dann die fotografierten Räume in 360-Grad-Optik anschauen. Die Bibliothek hat damit Filme erstellt, in denen man sich alle Bibliotheksräume in 3D anschauen kann (s. YouTube-Kanal der Bibliothek). Wenn Sie dort eins der Videos auf Ihrem Smartphone aufrufen und es um 90 Grad in die Horizontale drehen, öffnet sich für jedes Auge ein stereoskopischer Bildschirm. Die Videos lassen sich mit kostengünstigen VR-Brillen wie zB dem Google Cardboard oder anderen VR-Brillen betrachten. Kamera und Brillen können von Angehörigen der Medizinischen Fakultät in der Bibliothek ausgeliehen werden.

  1. Guerriero L et al: Virtual Reality Exploration and Planning for Precision Colorectal Surgery. Dis Colon Rectum. 2018 Jun;61(6):719-723 PubMed
  2. RussoEike GA, Nickel A: Wie im wahren Leben: Simulation und Realitätsnähe. In: Simulation in der Medizin. Heidelberg: Springer, 2013 Springer Link
  3. Lessick S, Kraft, M.: Facing reality: the growth of virtual reality and health sciences libraries. J Med Libr Assoc. 2017; 105:407–417 PMC
  4. Tara J. Brigham: Reality Check: Basics of Augmented, Virtual, and Mixed Reality. Med Ref Serv Quart. 2017; 36(2):171-178 PubMed
  5. Silva JNA. Emerging Applications of Virtual Reality in Cardiovascular Medicine. JACC Basic Transl 3(3):420–430 Elsevier

Liebe Mediziner …

… heute bin ich besonders stolz. Weniger darauf, dass ich es zusammen mit dem Team der Zweigbibliothek Medizin geschafft habe, über 20 Jahre hinweg ein Kundenmagazin herauszugeben. Weniger darauf, dass Text und Layout immer professioneller wurden. Weniger darauf, dass es Kern einer ganzen Palette von Produkten geworden ist. Nein, wirklich stolz bin ich darauf, weil am Anfang alle sagten: „Nein, das wird nichts!“.

Ich habe es trotzdem gemacht. Weil ich einen „Riecher“ dafür hatte. Und: Weil ich daran geglaubt habe. Sie kennen dieses Gefühl bestimmt. Der Sage nach soll es am Anfang jeder bahnbrechenden Entwicklung stehen. Kein Nobelpreisträger, der nicht davon berichten kann, dass am Anfang alle gesagt haben: „Nein, das wird nichts!“.

Nun, ok, ich werde in meinem Leben sicher keinen Nobelpreis mehr bekommen (außer den Nobelpreis fürs Bibliothekswesen vielleicht, aber da glaube ich auch nicht wirklich dran). Aber vielleicht Sie? Vielleicht hat Ihr Chef auch gerade Ihre Forschung in die Tonne getreten? Kein Grund niedergeschlagen zu sein – Petrischalen im Mülleimer sind die allerersten Kandidaten für den Nobelpreis!

Und überhaupt, das ganze Forscherleben ist ein einzige Qual. Diese elende Schreibarbeit, diese Angst bei der Literatursuche etwas übersehen zu haben, diese Open-Access-Abzocke, diese schleichende Gefühl, niedrig­rangig publiziert zu haben… Forschung ist 90% Transpiration und 10% Inspiration, hat mein Doktorvater immer gesagt. Ich habe gedacht, er meint mit ‚Transpiration‘ die Lauferei im Labor, die endlose Wiederholung der stets gleichen Experimente. Nein, das war‘s nicht. Ich glaube heute vielmehr, dass Transpiration all das ist, was einen von seinen Experimenten abhält. All der nutzlose Ballast. Literatur, Open-Access, Forschungsdatenpläne, Impact Faktoren, Doktorarbeiten, usw.

Aber nun kommt die gute Nachricht: Auch wenn alle sagen: „Nein, das wird nichts!“, die Bibliothek glaubt an Sie. Fest. Wir glauben an Ihre verrückten Experimente, an Ihre verrückte Literatursuche, an Ihr bohrendes Gefühl, besser publizieren zu müssen. Wir glauben an all das, wenn Sie zu uns kommen und uns um Hilfe bitten. Wir glauben an Sie, gerade weil Sie uns um Hilfe bitten. Das ist nicht dumm. Wir können Ihnen Arbeit abnehmen. Und: Wir können unsere Expertise teilen und dabei vom anderen lernen.

Und wo ich das schreibe, fällt mir ein, das dies auch immer so ein bisschen das Ziel des Magazins ‚med‘ war: Zu teilen, was uns beschäftigt, damit wir alle davon lernen können. So möge es auch die nächsten 20 Jahre sein. Hugh!

Bibliotheken helfen Wissenschaftlern nicht in Forschungsdaten zu ersticken

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Der Research Life Cycle dient als Raster für die Struktur und Bedarfsgerechtkeit von Bibliotheksdienstleistungen

Die Zweigbibliothek Medizin der Universität Münster führt regelmässig alle sechs Jahre einen Workshop für Leiter von Medizinbibliotheken durch. Ziel ist die Anpassung der Services an die Realitat, sprich Informationsbedürfnisse unserer Nutzer. Der Workshop hieß auch deswegen „Zukunftskolloquium“, weil ich immer an innovativen Dienstleistungen interessiert war. Der workshop war deutschsprachig, die Teilnehmer kamen mithin aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und den Niederlanden. Die Workshops zeichneten sich durch interaktive Sessions aus, die von hochrangigen Experten auf ihrem Gebiet angeleitet wurden.

Pressemeldung
Daten sind der Rohstoff der Wissenschaft – doch immer mehr Forscher drohen daran zu ersticken. So produziert alleine der Teilchenbeschleuniger des Kernforschungszentrums CERN 30 Millionen Gigabytes – und zwar jährlich. Fachbibliotheken können hier gezielt helfen. Ein Kolloquium in der Zweigbibliothek Medizin (ZB Med) der Universität Münster diskutierte jetzt ihre Rolle nicht nur bei der Sicherung von großen Datenmengen, sondern generell bei der Unterstützung von Wissenschaftlern im gesamten Forschungszyklus, von der ersten Idee über Informationssuche, Veröffentlichung und erhöhte Sichtbarkeit der Ergebnisse.

Mit Vanessa Proudman von proud2know aus den [Ort in den Niederlanden] und Henriette Senst vom Robert Koch-Institut in Berlin konnte ZB-Med-Leiter Dr. Oliver Obst zwei renommierte Expertinnen für das Kolloquium gewinnen. Zusammen mit ihnen diskutierten Führungskräfte von zwölf Medizinbibliotheken aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden, wie man Bibliotheken für die gezielte Forschungsunterstützung fit machen kann. „Ultimatives Ziel hierbei ist es, die Wissenschaftler von fachfremden Arbeiten zu entlasten, damit sie auf die eigentliche Forschung konzentrieren können“, so Obst. Dafür bewährt hätten sich Lieferdienste, die alle Zeitschriftenartikel weltweit innerhalb von wenigen Stunden besorgen können, und Support bei bibliometrischen und urheberrechtlichen Problemen.

An der Universität Münster wird gerade eine Leitlinie zum Forschungsdatenmanagement erstellt. Nach einer aktueller Umfrage ist der Beratungsbedarf in der Medizin zu Forschungsdaten besonders hoch. Insbesondere rechtliche und technische Fragen der Langzeitspeicherung sind vielfach ungeklärt oder Hilfskräften überlassen. Eine WWU-Policy soll hier Abhilfe schaffen. „Bibliothek und IT-Zentrum sind wichtige Mitstreiter bei der Leitlinie, denn Daten in der Größenordnung von Millionen Gigabytes werden auch in Münster über kurz oder lang anfallen“, blickt Obst nach vorn.

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Einige Impressionen vom Workshop

Last resort for trustworthy librarians

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The world is very much in need of trustworthy information provided by trustworthy people. In many cases, librarians are the trustworthy people par excellence. And that is good. Users trust us, 1) that we know everything about trustworthy sources, and 2) that we do everything to make them available. The trustworthiness of librarians is legendary, it is proved, it is evidence-based and built into our genes. In an OCLC survey on the perception of libraries versus search engines such as Google [1], 91% Americans found search engines faster, 90% more convenient, 83% easier to use, and 72% more reliable than libraries. The only two categories, where libraries exceeded were accuracy and … trustworthiness. 65% considered libraries more trustworthy than search engines.

Recently, this important characteristic was neatly summarized by librarian Marcus Banks: “One of the long-prized skills for librarians is the ability to guide people to trustworthy sources. This can happen in multiple ways, either a direct and straightforward referral to a particular source, or (hopefully) via an instructional session that provides people with tools for evaluating the trustworthiness of sources they find on their own. In either case, the librarian is the filter for trustworthiness.” [2]

This may change in the next few years as Google has successfully developed a mechanism for ranking search results by the trustworthiness of the sources. Eventually, this would make the search engine the arbiter on right and wrong. [3] That may put a totally new viewpoint on the Google motto: “Don’t be not evil” [4]. If Google stepped into the trustworthy business, that may change our perception of the world fundamentally, because we see the world through Google eyes. Google increasingly decides what we see and what we do not see [5].

Banks commented: “If the Google team’s proposal goes forward, there would be less need – perhaps eventually no need – for librarians to serve as such a filter. I argue for two actions in a ‘Google trustworthy sources’ era: concentrate on helping people synthesize and evaluate the content they locate, moving into a more pedagogical vein; and intensify our focus on collecting, curating and preserving the unique content of our own institutions. […] Both approaches would demonstrate the continued vitality of librarians in the digital age.”

I hope he is proved right.

  1. OCLC. Perceptions of libraries, 2010: Context and Community 2010. Available from https://www.oclc.org/content/dam/oclc/reports/2010perceptions/thelibrarybrand.pdf
  2. Banks M. Google as trustworthiness filter, and what it means for librarianship. Marcus’ World 03.05.2015. Available from http://mbanks.typepad.com/my_weblog/2015/05/google-as-trustworthiness-filter-and-what-it-means-for-librarianship.html
  3. Weinberger D, Gillmor D. So Sayeth Google. The search engine should not be the arbiter of truth. Slate 13.03.2015. Available from http://www.slate.com/articles/technology/future_tense/2015/03/google_search_results_accuracy_the_search_engine_shouldn_t_decide_what_s.html?wpsrc=sh_all_mob_em_ru
  4. https://en.m.wikipedia.org/wiki/Don’t_be_evil
  5. Pasquale F. The black box society: The secret algorithms that control money and information. Cambridge: Harvard University Press; 2015.

This post will be published in the December issue of the Journal of the EAHIL.

Foto by Oliver Obst

Bibliotheken im Dienste der Medizin. Gestern – Heute – Morgen.

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Teil des Gilgamesh-Epos aus der Bibliothek des Assurbanipal

Gestern

Die Geschichte der Medizin und die Geschichte der Medizinbibliotheken sind eng miteinander verknüpft. Einige der ältesten medizinischen Aufzeichnungen wurden in einer Bibliothek in Ninive gefunden. Die Tontafeln waren ca. 4.000 Jahre alt und stammten aus der Palastbibliothek des assyrischen Herrschers Assurbanipal (1). Der König erweiterte seine Sammlung systematisch und ließ alle Tafeln verzeichnen und sachlich ordnen. Zu diesem Zweck beschäftigte er Einkäufer, Schreiber, Übersetzer und Archivare. Bis in die Neuzeit hinein wurden Medizinbibliotheken meist von Ärzten oder anderem medizinischem Fachpersonal wie Apothekern geführt. Mit der exponentiellen Zunahme des medizinischen Wissens Mitte des 20. Jh. wurde die Leitung an Fachleute delegiert, die dafür speziell ausgebildet waren. Aus dem Ärztebibliothekar wurde der Medizinbibliothekar.

Heute

Das klassische Verständnis des Medizinbibliothekars als ausschließlichen Käufer und Ordner von Fachliteratur stimmt nicht mehr. Das Aufgabenspektrum hat sich in den letzten Jahrzehnten – ausgerichtet an den Ansprüchen der Ärzte und Wissenschaftler – weiter entwickelt. In den 70ern Jahren wurden Medizinbibliothekare zu Informationsvermittlern, als es möglich wurde, über Modem in großen Literaturdatenbanken zu recherchieren. Sie wurden zu Ausbildern für die Suche in Medline auf CD-ROM in den 80ern, zu Internet-Trainern in den 90ern und zu Experten in Evidenz-basierter Medizin in den 00er Jahren. Sie lizenzieren elektronische Zeitschriften in bundesweiten Konsortien und verleihen E-Books und Tabletcomputer. Bei all diesen Entwicklungen haben Medizinbibliothekare frühzeitig die verfügbaren Medien, Werkzeuge und Techniken auf Relevanz für ihre Klienten geprüft und diese dann proaktiv in ihren Dienstleistungskanon aufgenommen.

Heute finden sich in Medizinbibliotheken fachlich kompetente Ansprechpartner zu so vielfältigen Themen wie Autorenbetreuung, bibliometrische Analysen, Clincial Decision Systems, Collaborative Writing Tools, Datenmanagement, Forschungsintegrität, Informationskompetenz, Langzeitarchivierung, Open Access, Publikationsservern und Urheberrechtsfragen.

Morgen

Gegenwart und Zukunft halten weitere Herausforderungen für Medizin und Bibliothek bereit. Wir erleben zurzeit die ersten Schritte der Zusammenführung, Digitalisierung und Analyse aller medizinischen Daten einer Person. Dies betrifft sowohl die Akten des Gesundheitssystems als auch die gesundheitsrelevanten Daten, die über Lifestyle-Geräte wie die Apple Watch gesammelt werden. Datenmanagement und Datenschutz sind bei diesem sensiblen Thema besonders wichtig. (2) Aber auch für Forscher ist der Umgang mit Daten kein Selbstläufer, wie Daniel Lemire, Computerwissenschaftler aus Montreal, einräumt: “ So I think that librarians should move on to more difficult tasks. For example, we badly need help with what I would call ‘meta-science’. […] We need help tracking data sets, their transformation and so on. In effect, I would push librarians into data science. That’s the next frontier.” (3)

Zum Schutz der Daten vor Google und Co. brauchen wir vertrauenswürdige Institutionen, wie die Initiative „Hub of all Things“ zeigt. (4) Auch König Assurbanipal war darauf bedacht, dass Tontafeln mit sensiblen Informationen wie seine Regierungsverlautbarungen oder Leberorakel nicht jedermann zugänglich waren. Man fand sie bei den Ausgrabungen in einem besonders geschützten Raum der Bibliothek.

  1. Birchette KP. The history of medical libraries from 2000 B.C. to 1900 A.D. Bull Med Libr Assoc. 1973 Jul;61(3):302-8
  2. Gropp M. Der vermessene Patient. Das Geschäft mit Gesundheitsdaten nimmt immer mehr Fahrt auf. F.A.Z. 29.06.2015, S.22
  3. Lemire D. Let us be clear. 29.08.2012
  4. Warwick Manufacturing Group, University of Warwick, UK. What is the Hub of all Things? 19.03.2015

Foto: Library of Ashurbanipal The Flood Tablet von Fæ. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.